Frankfurt a.M., Jerusalem (epd). Organisationen werfen Israel Völkermord im Gaza-Streifen vor. „Wir sehen klare Anzeichen für eine ethnische Säuberung“, da die Palästinenserinnen und Palästinenser gewaltsam vertrieben, eingeschlossen und bombardiert werden„, erklärte der Generalsekretär von “Ärzte ohne Grenzen„, Christopher Lockyear, am Donnerstag. Human Rights Watch beschuldigte Israel einer systematischen Blockade der Wasserversorgung in dem Gebiet. Das sei “nichts weniger als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit„, es handele sich um einen “Akt des Völkermordes", teilte Exekutivdirektorin Tirana Hassan mit.
Der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Oren Marmorstein, wies die Vorwürfe auf der Plattform X zurück. Wieder einmal verbreite Human Rights Watch (HRW) Lügen, um Anti-Israel-Propaganda voranzutreiben, erklärte er. Genau das Gegenteil treffe zu. Israel habe seit Beginn des Krieges trotz andauernder Angriffe der Hamas ununterbrochen die Zufuhr von Wasser und die Einfuhr humanitärer Hilfe nach Gaza ermöglicht.
Laut dem am Donnerstag veröffentlichten HRW-Bericht verwehrt Israel der Bevölkerung im Gaza-Streifen seit Oktober 2023 absichtlich einen angemessenen Zugang zu Wasser. Höchstwahrscheinlich seien dadurch Tausende Palästinenserinnen und Palästinenser verdurstet und an Krankheiten gestorben. Zunächst hätten die Behörden und Streitkräfte die Wasserzufuhr in den Gaza-Streifen komplett unterbrochen und später die Zufuhr massiv beschränkt. Zudem hätten sie einen Großteil der Wasser- und Abwasserinfrastruktur in dem Gebiet beschädigt oder zerstört oder durch Stromabschaltungen und Treibstoffbeschränkungen unbrauchbar gemacht. Zudem blockierten sie demnach die Einfuhr überlebenswichtiger Wasservorräte.
Nach Einschätzung von „Ärzte ohne Grenzen“ zerstört Israel durch seine Militärangriffe auf die Zivilbevölkerung, die Demontage des Gesundheitssystems und anderer wichtiger Infrastruktur sowie durch die systematische Blockade humanitärer Hilfe die Lebensgrundlage im Gaza-Streifen. „Die Menschen kämpfen unter apokalyptischen Bedingungen ums Überleben. Nirgendwo ist es sicher, niemand wird verschont, und es gibt keinen Ausweg aus dieser zerstörten Enklave“, erklärte Generalsekretär Lockyear. In einem Bericht dokumentiere die Organisation, dass die israelischen Streitkräfte die Einfuhr von lebenswichtigen Gütern wie Lebensmittel, Wasser und medizinische Ausrüstung verhinderten.
Was die medizinischen Teams der Organisation gesehen hätten, decke sich mit der Einschätzung einer wachsenden Zahl von Rechtsexpertinnen und -experten und Organisationen, dass in Gaza ein Völkermord stattfinde. Amnesty International hatte Israel bereits Anfang Dezember einen Genozid vorgeworfen. Lockyear sagte, die Anzeichen für ethnische Säuberungen und die anhaltende Verwüstung - einschließlich Massentötungen, schweren körperlichen und psychischen Verletzungen, Zwangsvertreibung und unmöglichen Lebensbedingungen für Palästinenserinnen und Palästinenser unter Belagerung und Bombardierung - seien unbestreitbar.
Zu diesem Schluss kommt auch Human Rights Watch nach Gesprächen mit Einwohnern des Gaza-Streifens, Angestellten der lokalen Versorgungsbehörde, Beschäftigten des Gesundheitsbereichs und Vertreterinnen und Vertreter von UN- und Hilfsorganisationen sowie der Auswertung von Satellitenbildern, Fotos, Videos und Daten von Ärzten und anderen Experten. Israel habe im Gaza-Streifen absichtlich Bedingungen geschaffen, die auf die Vernichtung der Palästinenser als Ganzes oder teilweise abzielten, hieß es im Bericht. Diese Politik entspreche einem der fünf „Akte von Völkermord“ gemäß der Völkermordkonvention von 1948. „Regierungen sollten nicht zu den von Israel begangenen schweren Verbrechen im Gaza-Streifen beitragen“, forderte Hassan.