In Mexiko sind fast 80 Prozent der Menschen römisch-katholisch. Der Katholizismus ist aber keine Staatsreligion. Welche Rolle spielen christliche Feiertage in der allgemeinen öffentlichen Wahrnehmung in Mexiko?
Suriana González Juárez: Christliche Feste sind mit dem öffentlichen Leben verknüpft, was aber nicht bedeutet, dass die Öffentlichkeit in religiöser, sondern in eher kommerzieller Hinsicht an ihnen teilnimmt.
Der Katholizismus kam durch die Kolonisierung durch Spanien nach Mexiko. Haben sich Einflüsse der indigenen Religionen, die zuvor praktiziert wurden, in der heutigen Glaubenspraxis mancher Gläubigen erhalten?
González Juárez: Die Lebensweise der indigenen Gemeinschaften spiegelt sich in den derzeitigen religiösen Praktiken wider, insbesondere in der gemeinschaftlichen Religionsausübung. In einigen Gemeinschaften gibt es einfache Bräuche, die eher die indigene Spiritualität als die Religion als solche widerspiegeln. So bitten die Menschen beispielsweise beim Pflanzen um die Erlaubnis der Erde und den Segen Gottes oder halten Gebetstage an einem besonderen Ort in den Bergen ab.
Wird der Advent in irgendeiner Weise öffentlich gefeiert?
González Juárez: Der Advent wird in den Gottesdiensten der protestantischen Kirchen gefeiert. In den katholischen Kirchen ist der Advent neun Tage lang Teil des öffentlichen Raums. Diese Feiern werden Posadas genannt. Posada heißt übersetzt "Herberge" und ist angelehnt an die Herbergssuche von Maria und Josef. Manchmal wird sogar in Verkleidung gefeiert. Oft werden Kerzen getragen, es wird gesungen und an die Türen der Nachbar:innen geklopft, um Einlass und einen Schlafplatz zu erbitten. Die Tradition der Posadas ist bei den indigenen Völkern noch stärker ausgeprägt. Sie werden von den Menschen hauptsächlich organisiert, um Gott für das zu danken, was sie im Laufe des Jahres erlebt haben. Obwohl diese Feiern in der Regel in den Häusern stattfinden, sind sie für die gesamte Gemeinschaft offen und jede:r kann daran teilnehmen.
Wie wird Advent in den christlichen Gemeinden oder von den Christ:innen selbst gefeiert?
González Juárez: In den evangelikal-charismatischen Gemeinschaften wird der Advent normalerweise nicht gefeiert. Die katholischen Kirchen feiern die Posadas vom 16. bis 24. Dezember, wie erwähnt. Im Allgemeinen wird die Geburt Jesu auf eine sehr kommerzielle Art und Weise gefeiert, ohne darauf einzugehen, warum Weihnachten gefeiert wird. Ein bei Kindern besonders beliebter Brauch ist die Piñata de Adviento, also die Advents-Piñata. Das ist eine sternförmige Piñata (eine bunte Hohlfigur, d.Red.), die mit Früchten und Süßigkeiten gefüllt und oft Teil der Posadas-Feierlichkeiten ist.
Gibt es besondere Gottesdienste, Rituale oder Ähnliches?
González Juárez: In einem Teil Mexikos gibt es "La Rama". Das ist eine Tradition, die auch mit dem Jahresende verbunden ist. Von einem großen Baum wird ein Zweig abgeschnitten und festlich geschmückt, und dann gehen die Menschen singend von Tür zu Tür.
Ein weiterer wichtiger religiöser Feiertag in Mexiko, der in den Advent fällt, ist der 12. Dezember. Was wird da gefeiert und warum?
González Juárez: Es ist das Fest der Jungfrau von Guadalupe. Der Vorläufer ist die Marienerscheinung (Ayate) des Indigenen Juan Diego. Die Jungfrau von Guadalupe gilt als das größte Symbol des religiösen Synkretismus in Mexiko. Da es dem Katholizismus lange Zeit nicht gelang, die Verehrung der Jungfrau Maria gegenüber Tonantzin, der Muttergöttin der Nahua, durchzusetzen, führte er eine PoC-Jungfrau als Symbol für die Jungfrau Maria ein: die Jungfrau von Guadalupe.
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