Haiti: Mehr als 180 Menschen durch Bandengewalt getötet

Haiti: Mehr als 180 Menschen durch Bandengewalt getötet

Frankfurt a.M., Port-au-Prince (epd). Am Wochenende sind in Haiti mehr als 180 Menschen durch Bandengewalt getötet worden. Dies teilten die Vereinten Nationen (UN) und lokale Organisationen mit. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sagte am Montag, dass damit die Zahl der Morde allein in diesem Jahr auf 5.000 steige. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte die Entsendung einer UN-Friedensmission nach Haiti.

Türk zufolge wurden seit Freitag mindestens 184 Menschen im Armenviertel Cité Soleil in der Hauptstadt Port-au-Prince getötet. Für die Gewalt sei der Anführer einer mächtigen Bande verantwortlich. Es sei nötig, den Zustrom von Waffen nach Haiti zu stoppen.

Laut dem Nationalen Menschenrechtsnetzwerk (RNDDH) war der Bandenführer Monel Felix, auch bekannt als Micanor Altes, für die Morde verantwortlich. Auslöser war demnach eine Erkrankung eines von Felix' Kindern. Der Bandenführer habe Rat bei einem Voodoo-Priester gesucht, der behauptet habe, ältere Menschen in der Gegend hätten dem Kind mit Zauberei geschadet. Daraufhin hätten Mitglieder seiner Gang Viv Ansanm am Freitag mindestens 60 Menschen über 60 Jahre erschossen, mindestens weitere 50 hätten sie am Samstag mit Macheten und Messern getötet. Nach Angaben der lokalen Organisation CPD wurden die Leichen auf offener Straße verstümmelt und verbrannt.

Haiti leidet seit Jahren unter einer schweren ökonomischen und politischen Krise. Rund 200 bewaffnete Banden kontrollieren weite Teile des Landes.

Human Rights Watch rief den UN-Sicherheitsrat dazu auf, notfallmäßig eine umfassende UN-Mission zu beschließen und zu entsenden. Diese Mission solle Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und demokratische Regierungsführung wiederherstellen, forderte die Organisation am Montag. Die Krise in Haiti habe katastrophale Ausmaße angenommen. Die haitianische Polizei und eine sie unterstützende internationale Polizeimission würden von der Zunahme koordinierter Angriffe krimineller Gruppen auf die Bevölkerung überrollt.

Auch Kenia, das seit Juni die multinationale Polizeimission in dem Karibikstaat anführt, hat eine umfassende UN-Mission gefordert, um die überbordende Gewalt zu bekämpfen. Geplant ist der Einsatz von 2.500 Personen, bisher sind nur etwas über 400 vor Ort.

Von 2004 bis 2017 gab es bereits eine UN-Militärmission in Haiti. Sie ist allerdings höchst umstritten, weil sie dem Land einerseits etwas Stabilität gebracht hat, Soldaten aber auch für zahlreiche Übergriffe gegenüber der Bevölkerung verantwortlich gemacht werden, darunter sexuelle Gewalt gegen Minderjährige.