Details einer syrisch-deutschen Freundschaft

Gesprächskreis im Diakoniezentrum mit ehrenamtlichen Helfer:innen und Übersetzerin Manar Hamwi.
Amal on Tour/Anas Khabir
Manar Hamwi (3.v.l.) beim Gesprächskreis des Diakoniezentrums in Schwenningen.
Amal on Tour
Details einer syrisch-deutschen Freundschaft
Jeden Montag kommt Manar Hamwi ins Zentrum in der kleinen Stadt Schwenningen, um vom Arabischen ins Deutsche zu übersetzen. Ehrenamtlich. Sie will Neuankömmlingen helfen. So, wie ihr selbst vor sieben Jahren hier geholfen wurde, als sie neu in Schwenningen ankam.

Damals war es Lucy Lachenmeier, eine engagierte Frau aus der Nachbarschaft, die ihr den Anfang in der Fremde leicht gemacht hat. Die beiden treffen sich bis heute. Wir sind mit ihnen verabredet, gemütlich um den Tisch sitzend in dieser ruhigen Stadt. Es fühlt sich an, als wären wir bei einer Familie zu Gast.

Schwenningen liegt 120 Kilometer südlich von Stuttgart, der Weg dorthin führt über viele Städte und Dörfer. Mehr als 2000 Flüchtlinge leben in dieser 90.000-Einwohner-Kommune. Im Diakonie-Zentrum haben sie eine Anlaufstelle. Direktor des Zentrums ist Reinhold Weinmann. Dr. Norbert Noltemeyer, Andrea Thiess und Reinhold Hummel stehen hier den Flüchtlingen mit Rat und Tat zur Seite und helfen ihnen, die deutsche Bürokratie zu verstehen.

Die Freundschaft zwischen Manar Hamwi und Lucy Lachenmeier begann, als Lucy sie mit einer anderen Frau vom Diakonie-Zentrum zu Hause besuchte, um ihr beim Erlernen der deutschen Sprache zu helfen. Von diesem Tag an wurden Lucy und ihr Mann Teil der Familie von Manar. "Dank Lucy habe ich schnell etwas über das Leben und die Bräuche in Deutschland gelernt", erzählt Manar. "Es gibt einen großen Unterschied zwischen unserer und ihrer Kultur, und Lucy hat mich auf viele Dinge aufmerksam gemacht. Ich habe zu ihr gesagt: Wenn Sie sehen, dass ich mich im Sinne der Deutschen falsch oder unangemessen verhalte, sagen Sie es mir bitte. Aber Gott sei Dank habe ich nicht viele Fehler gemacht. Ich habe genau hingeschaut, wie man die Dinge hier macht, und mich entsprechend verhalten."

Manar Hamwi hat Sprachkurse besucht und das C1-Niveau erreicht. Dann begab sie sich auf die Suche nach einer Berufsausbildung, die zu ihr passt. Doch die CoronaPandemie machte ihr einen Strich durch die Rechnung, viele Pläne ließen sich nicht umsetzen. Erst ein Jahr später schrieb sie sich für einen Kurs zur Begleitung älterer Menschen ein und fing an, in diesem Bereich zu arbeiten. Dann kam ihr drittes Kind zur Welt. "Als mein Sohn zwei Jahre alt war und ich einen Kindergarten für ihn hatte, fing ich wieder an, nach Arbeit zu suchen."

Terminplaner und Weinblätter

Während all dieser Jahre blieben Manar und Lucy in Kontakt und trafen sich regelmäßig und oft. "Wir waren zusammen bei den Wasserfällen und haben Jazzkonzerte besucht, und wir waren mit meiner Familie, ihr und ihrem Mann im chinesische Restaurant." Manar sagte: "Meine Kinder lieben Lucy und ihren Mann und betrachten sie wie Großvater und Großmutter." Manar hat viel von den beiden gelernt. Lachend erzählt sie: "Lucy hat mir beigebracht, einen Terminplaner zu verwenden. Ich nutze ihn immer, um Termine aufzuschreiben und sicherzustellen, dass ich freie Zeit habe."

Lucy liebt syrisches Essen, insbesondere Weinblätter, deshalb lädt Manar sie oft zum gemeinsamen Essen ein, wenn sie "Yapraq" kocht. Manar Hamwi verspürte das Bedürfnis, etwas zurück zu geben. Sie beschloss daher, ehrenamtlich im Diakoniezentrum Villingen-Scheveningen als Übersetzerin mitzuhelfen. Das Zentrum bietet Neuankömmlingen Beratung und Unterstützung und hilft ihnen beim Ausfüllen der Formulare fürs Jobcenter, bei Bewerbungen, Wohnungssuche und der Suche nach einem Kita- oder Hortplatz für die Kinder und organisiert soziale Aktivitäten, die zu ihrer Integration in die lokale Gemeinschaft beitragen und ihre Teilhabe am Leben in dieser Kleinstadt fördern.

"Das Gefühl, dass wir dazugehören"

Das Gespräch geht noch lange so weiter, Lucy und Manar erzählen und spielen sich Sätze zu wie Bälle beim Fußballspiel, sie spinnen Ideen weiter. Immer wieder ist von einem Mann die Rede: Von Reinhold Hummel. Als langjähriger Leiter der diakonischen Beratungsstelle Schwenningen hat er das Zentrum mit gegründet. Sie alle bezeichnen ihn als den Paten dieser Beratungsstelle, obwohl er schon seit Jahren im Ruhestand ist. Während wir reden, muss Manar Hamwi immer wieder an Syrien denken. "Nichts ähnelt der Heimat eines Menschen außer seiner Heimat", sagt sie. Tränen fließen dabei über ihr Gesicht. Dann fängt sie sich wieder und sagt: "Hier haben wir das Gefühl, dass wir dazu gehören. Obwohl meine Tochter und ich Kopftuch tragen, hat und niemand hier je belästigt. Alle helfen gerne und bieten ihre Hilfe an."

evangelisch.de dankt der Diakonie Württemberg und Amal, Berlin! für die inhaltliche Kooperation.