Scheidender Kirchenpräsident Jung: Sinkende Mitgliedszahlen schmerzen

Scheidender Kirchenpräsident Jung: Sinkende Mitgliedszahlen schmerzen
02.12.2024
epd
epd-Gespräch: Renate Haller und Karsten Frerichs

Frankfurt a.M. (epd). Aus Sicht des scheidenden hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung hat das konkrete kirchliche Angebot wenig Einfluss auf die Entwicklung der Mitgliedszahlen. „Ich glaube nicht, dass wir bestimmte Erwartungen nicht erfüllen“, sagte der 64 Jahre alte Theologe wenige Wochen vor seinem Ruhestand dem Evangelischen Pressedienst (epd). Den Trend zur Säkularisierung gebe es überall auf der nördlichen Welthalbkugel.

„Und trotzdem tut es weh, weil ich denke, dass wir als Kirche gute Arbeit leisten und versuchen, für die Menschen da zu sein“, fügte Jung hinzu. Seit Beginn seiner 16-jährigen Amtszeit ist die Zahl der Mitglieder in der evangelischen Landeskirche um rund ein Viertel auf etwa 1,3 Millionen gesunken. „Ein Rückgang war damals schon absehbar“, erinnerte sich Jung an seinen Start als leitender Geistlicher: „Allerdings war der zunächst sehr viel geringer, das hat sich in den vergangenen Jahren noch mal deutlich beschleunigt.“

Aus Untersuchungen zur Kirchenmitgliedschaft sei bekannt, dass Religion und Glaube für Menschen an Bedeutung verlieren. Das habe aus seiner Sicht auch etwas damit zu tun, dass sehr viele Menschen in Deutschland ein gutes Leben führen können, sagte er. Zudem sei das Angebot für Menschen, sich Orientierung zu suchen, auch gerade in der digitalen Welt ungeheuer groß geworden, „da braucht es nicht unbedingt einen religiösen Bezug“.

„Gemeinschaften findet man vielerorts“, sagte Jung. Und dennoch sei er überzeugt: „Wir dürfen als Kirche nicht nachlassen, die Lebensrelevanz von Glauben zu zeigen, und dass Menschen in kirchlicher Gemeinschaft Halt finden und Glaube Orientierung geben kann.“

Aufgrund zu erwartender Einnahmerückgänge bei sinkenden Mitgliedszahlen muss die hessen-nassauische Kirche 140 Millionen Euro bis 2030 aus dem Jahres-Haushalt streichen. Jung sagte, es sei „schlichtweg schmerzlich, wenn man eine bestimmte Arbeit beenden muss“. Beispielhaft nannte er übergeordnete Angebote außerhalb der Gemeinden. „Mit der halben Stelle im Fußballstadion in Frankfurt oder mit der Motorradseelsorge haben wir Menschen in Lebensbezügen erreicht, die wir in den Gemeinden nicht erreichen“, sagte Jung. Er sei froh, dass einige dieser Angebote ehrenamtlich fortgeführt werden.

Jung wird im Januar 65 Jahre alt und geht zum Jahreswechsel in den Ruhestand. Zur Nachfolgerin Jungs wurde die Theologieprofessorin Christiane Tietz gewählt.