Paus appelliert: Bundestag sollte Gewalthilfegesetz beschließen

Paus appelliert: Bundestag sollte Gewalthilfegesetz beschließen
Am Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen fordert eine breite Öffentlichkeit die Regierung und den Bundestag auf, die Ampel-Gesetze für mehr Schutz und Hilfe noch zu beschließen. Es gibt aber bisher keine Mehrheit dafür.

Berlin, Genf (epd). Zahlreiche Organisationen und Unterstützerinnen haben am Montag die Bundesregierung aufgefordert, Frauen besser vor Gewalt zu schützen. Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen forderten UN-Women Deutschland und der Deutsche Frauenrat in einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Finanzminister Jörg Kukies (SPD), das Gewalthilfegesetz noch zu verabschieden. Es fehlten Tausende Frauenhausplätze, Beratungsstellen seien überlastet und die Wartezeiten unerträglich lang, schreiben die Initiatorinnen, die von zahlreichen Verbänden und Prominenten unterstützt werden.

Paus nahm den Brief in Berlin entgegen und appellierte an alle demokratischen Bundestagsabgeordneten, ihr Gesetz zu unterstützen. Jeden Tag erführen hunderte Frauen und Mädchen in Deutschland geschlechtsspezifische Gewalt, sagte Paus. Mit dem Gewalthilfegesetz gebe es die Chance, ihren Schutz zu verbessern. „Den bedrohten, geschlagenen und um ihr Leben fürchtenden Frauen ist es vollkommen egal, wer regiert“, sagte Paus.

Auch die Diakonie Deutschland appellierte an alle Abgeordneten, das Gewalthilfegesetz im Bundestag nicht zu blockieren. Vorständin Maria Loheide erklärte, nur mit einem bundeseinheitlichen Rechtsrahmen sei eine verlässliche Finanzierung der Frauenhäuser sicherzustellen. Zugleich müssten Ursachen der Gewalt gegen Frauen bekämpft werden.

Länder und Kommunen finanzieren Frauenhäuser je nach Bundesland zu unterschiedlichen Anteilen. Der Bund gibt Zuschüsse. Eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) bei den Bundesländern ergab, dass die Mehrheit der Länder weniger als die Hälfte der empfohlenen Plätze bereitstellen. Die gescheiterte Ampel-Koalition wollte mit dem Gewalthilfegesetz den Bund zur verlässlichen Mitfinanzierung der Frauenhäuser verpflichten. Es soll ein Rechtsanspruch auf Beratung und Schutz eingeführt werden. In der Folge müssten mehr Schutzplätze eingerichtet werden. Dafür sollen bis einschließlich 2036 rund 2,6 Milliarden Euro an Bundesmitteln fließen.

Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie (eaf) und die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) forderten, Gewaltschutz für Frauen und Kinder im Sorge- und Umgangsrecht zu verankern, wie es ebenfalls von der Ampel-Koalition geplant war. Die Gesetzentwürfe aus dem Bundesjustizministerium wurden aber nicht mehr ins Kabinett eingebracht. eaf-Bundesgeschäftsführer Andreas Zieske bezeichnete es als „dramatisch“, dass mit dem vorzeitigen Ende der Ampel-Koalition die Chancen auf eine Verbesserung des Gewaltschutzes geschwunden seien. Ähnlich äußerten sich der Deutsche Verein, in dem sämtliche Akteure in der Sozialpolitik und Sozialen Arbeit organisiert sind, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, die auf die besonders schwierige Lage geflüchteter Frauen hinwies.

Rund 85.000 Frauen und Mädchen sind laut UN im vergangenen Jahr Opfer von Femiziden geworden. Etwa 51.000 von ihnen - oder 60 Prozent - seien von Partnern oder Angehörigen getötet worden, erklärte das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung in Wien. Das bedeute, dass es alle zehn Minuten ein Todesopfer geschlechtsspezifischer Gewalt durch den Intimpartner oder ein anderes Familienmitglied gebe. In Deutschland wurden 2023 insgesamt 360 Frauen umgebracht. Laut Bundeskriminalamt nimmt die Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu.

Dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen („Orange Day“) folgt jedes Jahr die UN-Kampagne „Orange the World“, die bis zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember dauert und sich gegen geschlechtsspezifische Gewalt richtet. Schirmfrau in Deutschland ist Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD).