Osnabrück (epd). Der Osnabrücker Migrationsforscher Jochen Oltmer fordert ein Aufenthaltsrecht für in Deutschland arbeitende Asylbewerber. „Ich denke schon, dass wir einen Spurwechsel benötigen“, sagte Oltmer vor dem Hintergrund der drohenden Abschiebung von zehn kolumbianischen Pflegekräften aus dem Landkreis Rotenburg dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wer als Asylbewerber mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung seinen Lebensunterhalt in Deutschland bestreiten könne, sollte die Möglichkeit bekommen, in Deutschland zu bleiben.
Darüber hinaus sollte Deutschland die Hürden für Ungelernte senken, die nicht aus Ländern der Europäischen Union stammten, aber in Deutschland arbeiten wollten, sagte der Professor am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien. Die deutsche Wirtschaft suche nicht nur Fachkräfte, sondern auch zunehmend gering qualifizierte Arbeitskräfte. Für deren Einwanderung halte Deutschland bislang jedoch keine Regelungen vor.
Die kolumbianischen Pflegekräfte aus dem Landkreis Rotenburg hatten Asyl beantragt, ihr Antrag wurde jedoch abgelehnt. Sie sind nun ausreisepflichtig, falls keine andere Lösung gefunden wird. Ihr Pflegeheim in Wilstedt hatte mitgeteilt, dass es ohne die Kolumbianer schließen müsse.
Lange Zeit sei der Arbeitskräftemangel durch ungelernte Kräfte aus der EU, etwa Bulgarien oder Rumänien, aufgefangen worden, sagte Oltmer. „Doch die Potenziale innerhalb der EU werden zunehmend geringer.“ Der demografische Wandel habe mittlerweile alle Staaten in der EU erfasst, erläuterte Oltmer. „Da besteht die Notwendigkeit, Menschen mit geringen Qualifikationen von außerhalb der EU zum Arbeiten nach Deutschland zu holen.“
Der Historiker hält den Abschluss von Migrationsverträgen mit Nicht-EU-Ländern zur Gewinnung von Fachkräften und zur Rücknahme abgelehnter Asylbewerber für sinnvoll. Dadurch könnten sichere Wege nach Deutschland geschaffen werden. Er warnte allerdings davor, solche Verträge mit autokratischen Staaten zu schließen. Dann seien Abgeschobene nicht sicher.
Zudem sollte bei den Verträgen darauf geachtet werden, dass es nicht zu einem Ausverkauf etwa von Pflegekräften in den Herkunftsländern komme, mahnte Oltmer. Die Bundesregierung sollte den Ausbau dortiger Bildungssysteme unterstützen, damit genügend Pflegekräfte für das Herkunfts- wie für das Ankunftsland ausgebildet werden könnten.
Weil Deutschland auf Zuwanderung angewiesen sei, empfinde er die derzeit ablehnende Haltung gegenüber Migranten in Deutschland als besonders problematisch, betonte der Forscher: „Das erschwert die Bemühungen, Fachkräfte aus anderen Ländern zu gewinnen. Untersuchungen belegen, dass in vielen Ländern genau darauf geschaut wird, wie es um die sogenannte Willkommenskultur in Deutschland steht.“