Berlin (epd). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den langjährigen Bundeswehreinsatz in Afghanistan verteidigt. Es sei richtig gewesen, die USA nach dem Angriff der Terroristen zu unterstützen, sagte er am Donnerstag bei einer Befragung im Afghanistan-Ausschuss des Bundestags. Scholz merkte jedoch an, dass ein früherer Rückzug der internationalen Streikkräfte für den Aufbau der Selbstverteidigung des Landes möglicherweise besser gewesen wäre.
Der internationale Einsatz in Afghanistan begann nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001. Ziel war, Afghanistan von Terrorunterstützern zu befreien und das Land nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg aufzubauen und zu stabilisieren.
Beim Schutz gegen terroristische Angriffe habe man viel erreicht, sagte Scholz. Er forderte jedoch „realistischere Einschätzungen“ für solche Auslandseinsätze. Scholz merkte an, dass der Impuls zum Aufbau eines demokratischen Staates vielmehr aus dem Land selbst kommen müsste und nicht unbedingt mithilfe eines Auslandseinsatzes umgesetzt werden könne.
2021 sollten nach dem Einsatzende neben den deutschen Soldatinnen und Soldaten auch die afghanischen Ortskräfte, die für die Bundeswehr und andere deutsche Institutionen gearbeitet hatten, evakuiert werden. Nach Ende der Luftbrücke im August 2021 blieben Tausende zurück oder konnten erst zu einem späteren Zeitpunkt ausreisen.
Scholz, der damals Vizekanzler und Finanzminister im Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war, bezeichnete das Ergebnis des Ortskräfteverfahrens als „nicht zufriedenstellend“. Deutschland habe ihnen gegenüber eine Verantwortung. „Wir müssen sicherstellen, dass diejenigen, die sich für uns einsetzen, nicht später deshalb in Gefahr geraten“, sagte Scholz.
Der Bundeskanzler übte Kritik an den Fehleinschätzungen des Bundesnachrichtendienstes. Dieser habe den schnellen Fall Kabuls nicht vorhergesehen. Die Taliban hatten die Hauptstadt am 15. August 2021 eingenommen. Es brauche zukünftig realistischere Einschätzungen, um bessere Entscheidungen treffen zu können, sagte Scholz.
Zuvor hat der Ausschuss die ehemalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) befragt. Auch sie äußerte Bedauern über die langsame Aufnahme der Ortskräfte. Das habe sie „sehr beunruhigt zurückgelassen“, sagte Kramp-Karrenbauer. Sie gab zu bedenken, dass man mit einer früheren Erweiterung des Kreises der Aufnahmeberechtigten und Charterflügen möglicherweise weniger Kräfte bei der Evakuierung hätte zurücklassen müssen.
Der Afghanistan-Untersuchungsausschuss soll die Umstände der militärischen Evakuierungsaktion aus Kabul im August 2021 aufklären. Die Operation war wegen der schnellen Rückeroberung des Landes durch die radikal-islamischen Taliban nötig geworden.