Erfurt, Weimar (epd). Politik und Zivilgesellschaft haben am Freitag in Erfurt und in der Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar an den 86. Jahrestag der antisemitischen Pogrome vom 9. November 1938 erinnert. Thüringens amtierender Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warnte dabei vor einem Wiedererstarken des Antisemitismus. Was über Jahrzehnte hinweg als selbstverständlich gegolten habe, scheine heute nicht mehr zu gelten, sagte er bei einer zentralen Gedenkfeier in Erfurt. Es mache ihm Angst, wenn offener Antisemitismus in Teilen der Gesellschaft wieder unwidersprochen hingenommen werde.
Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Reinhard Schramm, nannte das Novemberpogrom von 1938 den „Übergang von Diskriminierung zu offenem Terror“. Thüringens Landtagspräsident Thadäus König (CDU) sagte, die Pogromnacht sei weit vor 1938 mit Worten, durch Gerüchte und an Stammtischen vorbereitet worden. Daher brauche es heute klare Stoppzeichen gegen Antisemitismus.
In Weimar erinnerte die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora an die Einrichtung des Sonderlagers, in das nach der Pogromnacht fast 10.000 jüdische Männer verschleppt worden waren. Damals seien die Menschenrechte der jüdischen Mitbürger buchstäblich mit Füßen getreten worden, sagte der stellvertretende Stiftungsdirektor Philipp Neumann-Thein. Mit der Kenntnis dieser Verbrechen sei es um so wichtiger, sich auf allen Ebenen für die Werte der liberalen Demokratie in Deutschland einzusetzen.