Regierung will Obergrenzen für Sozialbeiträge schnell beschließen

Regierung will Obergrenzen für Sozialbeiträge schnell beschließen
Zu den Beschlüssen, die die Ampel-Regierung bald fassen muss, zählt auch, wie hoch die Sozialbeiträge im kommenden Jahr ausfallen - eigentlich jährliche Routine. Aber auch da hakt es in diesem Jahr. Kritik kommt von den Sozialverbänden.

Berlin (epd). Die Bundesregierung will die sogenannten Rechengrößen für die Sozialversicherungen bald beschließen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Montag in Berlin, es werde „sehr zeitnah“ darüber entschieden werden. Hebestreit reagierte damit auf die wachsende Kritik von Sozialverbänden und Gewerkschaften an der diesjährigen Verzögerung bei der Festlegung der Rechengrößen und der Beitragsbemessungsgrenzen.

In der Bundesregierung gibt es Streit über die Frage, bis zu welcher Einkommensgrenze Gutverdienende in die Sozialversicherungen einzahlen sollen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze erhöhen, wie es das übliche Verfahren vorsieht. Die Rechengrößen für die Sozialversicherungen werden auf Grundlage der Lohnentwicklung bestimmt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sieht dagegen Diskussionsbedarf.

Nach einem Verordnungsentwurf von Heil müssten Beschäftigte im kommenden Jahr Krankenkassenbeiträge bis zu einer Gehaltsgrenze von 5.512,50 Euro bezahlen. Aktuell liegt die Deckelung bei einem Monatsgehalt von 5.175 Euro, es käme also zu einer deutlichen Anhebung. In der Rentenversicherung soll die Bemessungsgrenze laut Ministerium bundesweit von bislang 7.550 Euro in Westdeutschland und 7.450 Euro in Ostdeutschland auf 8.050 Euro angehoben werden. Im Kern bedeutet das, dass Gutverdiener spürbar höhere Krankenkassen- und Rentenbeiträge zahlen würden als dieses Jahr.

Lindner sieht das kritisch, weil dadurch die geplanten Entlastungen bei der sogenannten kalten Progression verpuffen würden und das Geld nicht den Privathaushalten, sondern den Sozialversicherungen zugutekäme. Deswegen müsse man über die Rechengrundlage für die Beitragsbemessungsgrenzen sprechen, hatte sein Ministerium erklärt.

Regierungssprecher Hebestreit sagte, die Regierung strebe an, die jeweiligen Gesetze „gemeinschaftlich auf den Weg zu bringen“. Ob die Verzögerungen mit dem Ampel-Streit um die Wirtschaftspolitik zu tun haben, ließ Hebestreit offen.

Die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze wird im Rahmen der Rechengrößen für die Sozialversicherungen jedes Jahr per Verordnung festgelegt. Den Beschluss fasst das Kabinett auf der Grundlage einer Vorlage aus dem Arbeitsministerium, der Bundesrat billigt die Verordnung. Sie ist für die Budgetplanungen der Sozialversicherungen von großer Bedeutung, aber auch für Unternehmen und Beschäftigte.

Zuletzt hatte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa die Bundesregierung aufgefordert, die Rechengrößen der Sozialversicherung fürs nächste Jahr schnell zu beschließen. Es sei ein „in der Geschichte einmaliger Vorgang“, dass die Regierung die Verordnung im November noch immer nicht beschlossen habe, obwohl sie zum 1. Januar in Kraft treten müsse, sagte Welskop-Deffaa den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Die Streitigkeiten in der Ampel-Koalition seien zu einem Risiko für das Sozialversicherungssystem geworden, kritisierte die Caritas-Chefin. Es sei ein Skandal, „dass die Ampel die Säule des Sozialstaats zum Spielball ihres internen Machtpokers macht“.

Zuvor hatten bereits der Sozialverband VdK und der DGB die Bundesregierung aufgefordert, Klarheit zu schaffen. VdK-Präsidentin Verena Bentele und DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel warfen Lindner vor, mit seiner Blockade die Sozialversicherungen, die Unternehmen und die Beitragszahler zu verunsichern.