TV-Tipp: "Ein Fall für Conti: Spieler"

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26. Oktober, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Ein Fall für Conti: Spieler"
Das Drehbuch stammt erneut von Lukas Thiem, Regie führte diesmal Nathan Nill, der zuletzt gemeinsam mit Esther Bialas die raffinierte Zeitschleifenserie "Another Monday" (2022, ZDF) gedreht hat. Erst gegen Ende verrutscht die Inszenierung etwas, als Stolpes Bruder Martin aussagt.

Gestrauchelte Promi-Anwältin nutzt einen schlagzeilenträchtigen Fall zum Comeback: Das war, in aller Kürze, der Handlungskern von "Meine zwei Gesichter" (2023) mit Désirée Nosbusch. Die Geschichte war ebenfalls interessant: Anna Conti übernahm die Verteidigung einer Sängerin, die wegen der angeblichen Ermordung ihres Babys vor Gericht stand. Die Qualität des Films wurde allerdings durch zum Teil erhebliche Schwächen in der Führung des Ensembles getrübt; manch’ eine Dialogzeile klang zudem allzu phrasenhaft. Mit der Fortsetzung hat sich vieles verbessert, sowohl beim Drehbuch wie bei den Darbietungen. Den größten Sprung in dieser Hinsicht hat Malaya Stern Takeda gemacht: Die junge Staatsanwältin Henry Mahn ist nun auch darstellerisch eine angemessene Gegenspielerin. 

Star von "Spieler" ist jedoch Mark Waschke als Titelfigur. Der Film beginnt mit einem gescheiterten Raubüberfall: Frank Stolpe verabschiedet sich liebevoll von seiner Lebensgefährtin, maskiert sich mit Perücke, Schnäuzer und Brille, sucht eine Bankfiliale auf, um ein Schießfach zu eröffnen, bricht ein anderes auf, wird ertappt, versucht zu fliehen und wird durch einen Schuss des Wachmanns verletzt. Beim Prozess trägt der Bigamist und Vater von insgesamt drei Kindern eine Geschichte vor, die er zuvor mit Conti geprobt hat: Weil er zwei Familien versorgen muss, hat er sich zu einer Kurzschlusstat hinreißen lassen.

Seine Erzählung ist derart ergreifend, dass er sogar selbst von seinen Gefühlen übermannt wird. Der Mann ist charismatisch, humorvoll und bereut seine Tat zutiefst; nicht mal die beiden Frauen (Mina Özlem Sagdic, Angelina Häntsch) machen ihm Vorwürfe. Fassungslos muss Mahn mit ansehen, wie ihre Fälle davonschwimmen: zwei Jahre auf Bewährung. Ende der Geschichte? Keineswegs, nur das Ende des ersten Akts, denn so leicht lässt sich die Staatsanwältin, immerhin eine frühere Schülerin Contis, nicht an der Nase rumführen. 

Was nun folgt, ist eine reizvolle Kombination aus Krimi, Drama und Juristerei. Das Publikum hat schon während des Überfalls geahnt, dass Stolpe das Schließfach keineswegs zufällig geknackt hat, schließlich hat er neben einem Diadem auch noch einen Gegenstand geklaut, den er kurz vor dem Schuss ins Bein in einen Abfalleimer geworfen hat. Bei ihrem Aktenstudium stößt Mahn auf einen rund 15 Jahre zurückliegenden Überfall mit Todesfolge. Sie entdeckt Hinweise, die eindeutig zu belegen scheinen, dass Stolpe auch in diese Tat verwickelt war; allerdings kann es sich bei den scheinbar unumstößlichen Indizien auch um groteske Zufälle handeln.

Trotzdem wird der Informatiker ein zweites Mal verhaftet. Eine Psychologin (Miriam Maertens) bescheinigt ihm eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, außerdem sei er hochgradig manipulativ. Das Drehbuch stammt erneut von Lukas Thiem, Regie führte diesmal Nathan Nill, der zuletzt gemeinsam mit Esther Bialas die raffinierte Zeitschleifenserie "Another Monday" (2022, ZDF) gedreht hat. Erst gegen Ende verrutscht die Inszenierung etwas, als Stolpes Bruder Martin aussagt. Die Szene hat mit juristischer Realität ohnehin nicht viel zu tun, aber unplausibel wirkt sie vor allem, weil Mirco Kreibich unangemessen übertreibt. Martin ist Künstler und drogenabhängig, das genügte offenbar als Freibrief.

Unnötig sind auch viele der kurzen Zwischenschnitte: Beim Bankbesuch zeigt Nill gleich zweimal Stolpes nervös zuckende Finger, beim zweiten Prozess muss Takeda mimisch kommentieren, wie sich die Verhandlung zu Gunsten Mahns entwickelt. Im ersten Akt gibt es auch so einen Moment, als Conti nach dem aus ihrer Sicht glücklichen Ausgang des Prozesses der einstigen Mitarbeiterin schelmisch zuzwinkert. "Alles nur ein Spiel", soll das wohl signalisieren, passt aber nicht zu dem auch aufgrund der kühlen Bildgestaltung (Peter Dittenpreis) ansonsten sehr sachlichen juristischen Rahmen: Die Aufnahmen aus dem Gerichtssaal sind nicht zuletzt dank des Kostümbilds größtenteils grauweiß.

Das gute Gesamtbild wird durch diese Details aber ebenso wenig beeinträchtigt wie durch Contis für die Handlung gänzlich überflüssiges Geplauder mit ihrer italienischen Mutter oder das allerdings eindrucksvolle Karaoke-Duett der beiden Kontrahentinnen zum Schluss. Thiem hat zudem auf die ominösen Vorgeschichten verzichtet; selbst der Staatsanwältin war im ersten Film ein Hintergrundgeheimnis angedichtet worden. Eine kurze Szene genügt diesmal, um anzudeuten, dass Mahns Verbissenheit womöglich in erster Linie mit Stolpes Geschlecht zu hat. "Nicht alle Kämpfe lohnen sich", belehrt Conti die junge Kollegen; manche aber doch.