Berlin (epd). Gesetzlich Krankenversicherte müssen im kommenden Jahr mit deutlich höheren Kosten für die Kasse rechnen. Am Mittwoch gab der zuständige Schätzerkreis seine Prognose für Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen bekannt. Nach seinen Berechnungen muss der Zusatzbeitrag zur Kasse, der auf den regulären Beitragssatz von 14,6 Prozent aufgeschlagen wird, um 0,8 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent steigen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte im Anschluss eine entsprechende Erhöhung an.
Dies bedeutet eine Erhöhung der Abgaben um jeweils 0,4 Prozent für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sagte Lauterbach in Berlin. Der Minister nannte als Grund für die steigenden Kosten die Inflation und höhere Löhne. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass das deutsche Gesundheitssystem ineffizient sei, das teuerste in Europa und bei der Qualität dennoch „teilweise nur mittelmäßig“. Die angestrebten Reformen seien daher notwendig.
Der Schätzerkreis, dem Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums, des Bundesamts für Soziale Sicherung und des GKV-Spitzenverbandes angehören, erwartet nach eigenen Angaben für das kommende Jahr Einnahmen des Gesundheitsfonds in Höhe von 294,7 Milliarden Euro und gleichzeitig voraussichtliche Ausgaben in Höhe von 341,4 Milliarden Euro. Festgelegt wird der Zusatzbeitrag vom Bundesgesundheitsministerium. Die Krankenversicherungen entscheiden selbst, bis zu welcher Höhe sie den Zusatzbeitrag von den Versicherten verlangen.
Die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, erklärte, für die Kassen ergebe sich „ein drastischer Erhöhungsdruck“. Bei den meisten Krankenkassen stünden keine Reserven mehr zur Verfügung, um Beitragssteigerungen im nächsten Jahr zu vermeiden oder abzumildern, sagte sie.
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, bezeichnete den drohenden Anstieg des Zusatzbeitrags als „Desaster“. Es treffe die Mehrheit der Menschen „unverhältnismäßig hart“, dass die Finanzierungsprobleme der Krankenversicherung allein auf Kosten von Versicherten ausgetragen werden, sagte sie.
Die Prognose des Schätzerkreises hat nach dessen Angaben die 2025 eigentlich anstehende Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen, also der Einkommenshöhe, bis zu der Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden, berücksichtigt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte zuletzt dafür plädiert, die Grenzen nicht anzuheben, was dazu führen würde, dass Gutverdienende nicht mehr zahlen müssen.
Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Maria Klein-Schmeink erklärte, angesichts der Prognose sei es umso wichtiger, dass Lindner die Blockade aufgebe. „Kommt die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen nicht, zahlen Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen die Zeche und müssten noch höhere Beiträge in Kauf nehmen“, sagte sie.