Kriege und Krisen nähren den Hunger

James Deng, 16, und seine Schwester Elizabeth, 12
Siegfried Modola/Diakonie Katastrophenhilfe
James Deng, 16, und seine Schwester Elizabeth, 12, essen im Rahmen des Schulspeisungsprogramms in der Bahrgel-Grundschule in Cueibet im Sudan zu Mittag.
Welternährungstag
Kriege und Krisen nähren den Hunger
Rund 1,33 Millionen Menschen auf der Welt sind akut von einem Hungertod bedroht. Diese Zahlen veröffentlichten die Vereinten Nationen im September. Auch der Krieg in der Ukraine trägt dazu bei, dass die Situation schlimmer wird.

Insgesamt gibt es laut Zahlen der Vereinten Nationen auf der Welt bis zu 783 Millionen hungernde Menschen. Besonders hoch sind die Zahlen im Sudan, in Nigeria, Bangladesch, Myanmar und Afghanistan. Ein Großteil der akut betroffenen Menschen lebt in Gebieten, die von Krieg betroffen sind. Im dürregeplagten Ostafrika sind aktuell die durch den Ukraine-Krieg heftigen Preisschwankungen für Weizen ein zusätzliches Problem, welches den Hunger verschärft. Zu wenig Getreide und zu teuer, so lässt sich die Situation zusammenfassen. 

Auch der Nahostkonflikt zeigt Folgen. Beispielsweise hat der Zustrom von Flüchtlingen aus dem Libanon laut Welternährungsprogramm die Hungerkrise in Syrien weiter verschärft. Die Lage in Syrien sei sehr beunruhigend, erklärte der Vize-Exekutivdirektor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen, Carl Skau, am Mittwoch laut einer in Damaskus veröffentlichten Mitteilung. Schätzungsweise 260.000 Menschen seien vor der Gewalt im Libanon nach Syrien geflüchtet. In Syrien habe bereits die Hälfte der Bevölkerung nicht genug zu essen. Rund drei Millionen Menschen in Syrien litten unter schwerem Hunger.

Das Welternährungsprogramm rief internationale Geber dazu auf, rund 54 Millionen US-Dollar bereitzustellen. Mit dem Geld sollen in den nächsten sechs Monaten Lebensmittel für die hungernden Menschen beschafft werden. Der Libanon ist Schauplatz eines schweren militärischen Schlagabtausches zwischen Israel und der schiitischen Miliz Hisbollah. In Syrien wiederum tobt seit 2011 ein bewaffneter Konflikt. Das Regime des Präsidenten Baschar al-Assad kämpft mit der Hilfe Russlands und des Irans gegen Rebellen und Extremisten. Das Welternährungsprogramm mit Sitz in Rom gehört zu den UN und ist nach eigenen Angaben die größte humanitäre Hilfsorganisation der Welt.

Auch die Diakonie Katastrophenhilfe stockt ihre Hilfe für ein weiteres vom Krieg betroffenes Land, den Sudan, erneut auf. Die Mittel würden um 500.000 Euro auf insgesamt rund 1,5 Millionen Euro erhöht, teilte das evangelische Hilfswerk am Mittwoch in Berlin mit. Mit dem Geld werde in dem nordostafrikanischen Land unter anderem die zivilgesellschaftliche Hilfsinitiative "Emergency Response Rooms" (ERR) unterstützt, die jüngst auch als Kandidat für den Friedensnobelpreis gehandelt worden war.

Menschen vor Ort mitnehmen

Seit Mitte dieses Jahres erreicht die Diakonie Katastrophenhilfe eigenen Angaben zufolge über Nachbarschaftsgruppen 140.000 Menschen im Sudan. Die lokal organisierten Hilfskomitees spielten eine wichtige Rolle im Kampf gegen den wachsenden Hunger, hieß es. Die Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe, Dagmar Pruin, würdigte die Arbeit der "Emergency Response Rooms". Sie sei zuversichtlich, dass sie "auch in anderen Krisen und Konflikten ein wegweisendes Vorbild sein können, um die Hilfe von zivilgesellschaftlichen Basisbewegungen anzuerkennen und einzubeziehen".

Im Sudan herrscht seit April 2023 ein Krieg zwischen der Armee und den paramilitärischen "Rapid Support Forces" (RSF). Der Konflikt hat eine der größten humanitären Krisen der jüngeren Vergangenheit ausgelöst. Laut dem UN-Welternährungsprogramm sind mehr als 25 Millionen Menschen von akutem Hunger betroffen. Rund 11 Millionen Menschen sind aufgrund der Kämpfe innerhalb und außerhalb des Landes auf der Flucht. Bislang scheiterten alle internationalen Vermittlungsversuche für eine Beilegung des Krieges.

Geld hilft

Nur zwei Beispiele von vielen auf der Welt. In den Fokus rücken die dauerhaft bedrückenden Zahlen in Bezug auf hungernde Menschen besonders am heutigen Welternährungstag, der seit 1979 am 16. Oktober öffentlich auf den weltweiten darauf aufmerksam macht. Zahlreiche Organisationen wie Brot für die Welt, die Welthungerhilfe oder die Aktion Deutschland hilft, haben sich dem Kampf gegen den Hunger verschrieben. Helfen kann eigentlich jeder, denn Spendengelder sind ein wirksames Instrument, um Menschen mit Nahrung und nachhaltigen Hilfsansätzen an unterschiedlichen Orten der Welt zu helfen.

Brot für die Welt unterstützt beispielsweise zusammen mit einer Partnerorganisation vor Ort, Kleinbauernfamilien in Burkina Faso, die sich selbst aus ihrer Not zu befreien versuchen, trotz Armut und Klimawandel. Sie bepflanzen ihre Felder mit traditionellen Hirsesorten, die als Saatgut besonders dürreresistent sind und so auch mit wenig Wasser gedeihen. Auf Dünger und den Einsatz von Pestiziden kann zusätzlich verzichtet werden. Inzwischen wurden einige Kleinbauernfamilien von der Regierung sogar beauftragt, das traditionelle Saatgut zu vermehren.

Neben Klimawandel und Kriegen rückte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) zum Welternährungstag die ungerechte Verteilung von Ressourcen als Ursache für den Hunger in den Fokus. Sie mahnte die Stärkung von Frauen, von sozialen Sicherungssystemen und des Eigenanbaus von Lebensmitteln an. Es gebe genug Lebensmittel und Geld auf der Welt, um den Hunger zu besiegen, erklärte sie am Mittwoch in Berlin. "Das Problem ist die zutiefst ungerechte Verteilung", ergänzte die SPD-Politikerin.

Rund ein Drittel der Weltbevölkerung könne sich keine gesunde Ernährung leisten. Häufig hätten Frauen keinen gesicherten Zugang zu Land, "obwohl sie in vielen Ländern einen Großteil der Feldarbeit erledigen", sagte Schulze. Eine erfolgreiche Politik gegen den Hunger sei deswegen "immer auch eine Politik für mehr Gerechtigkeit". "Die besten Mittel gegen den Welthunger sind starke Frauen, soziale Sicherung und die Fähigkeit, selber anbauen zu können", sagte die Ministerin.

Schulze verwies beispielhaft auf sogenannte Sahel-Resilienz-Partnerschaft, die auch mit Unterstützung Deutschlands in den Ländern Tschad, Mali, Mauretanien, Burkina Faso und Niger dafür gesorgt habe, Böden wieder für den landwirtschaftlichen Anbau nutzbar zu machen. Dieses Engagement wirke, sagte Schulze: "Vier von fünf Gemeinschaften, die diese Selbsthilfekräfte entwickelt haben, waren bei der letzten Hungerkrise nicht mehr auf fremde Unterstützung angewiesen." Weltweit sind mehr als 733 Millionen Menschen von Hunger betroffen.