TV-Tipp: "Ein Zimmer für Papa"

Fernseher vor gelbem Hintergrund
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11. Oktober, ARD, 20.15 Uhr:
TV-Tipp: "Ein Zimmer für Papa"
In Filmen und Serien über moderne familiäre Konstellationen geht es meist um das Patchwork-Modell: Zwei Menschen lernen sich kennen und ziehen zusammen; beide bringen Kinder aus früheren Beziehungen mit. In diesem Spielfilm wird ein neues Wohnmodell ausprobiert.

"Ein Zimmer für Papa" behandelt einen Aspekt, den es im wahren Leben womöglich noch öfter gibt: Der Erzeuger lebt in Frankfurt, die Mutter samt Tochter in Hamburg. Kommt der Vater zu Besuch, übernachtet er im Hotel, aber das ist natürlich kein Vergleich zu einem persönlichen Umfeld. Deshalb hat eine Frau eine Umgebung geschaffen, die so etwas wie die größtmögliche Annäherung an den Alltag darstellt: Ihr Haus ist eine Wohngemeinschaft für Väter, die hier mit dem Nachwuchs vorübergehend eine Art Familie erleben können. 

Einrichtungen dieser Art und entsprechende Besuchsprogramme gibt es tatsächlich; eins der bekanntesten Netzwerke ist "Die Familienhandwerker" (mittlerweile in "kindwärts" umbenannt). Martin Douvens Drehbuch ist eine Verbeugung vor diesen Menschen, die ihre Arbeit ehrenamtlich ausüben. Seine Hommage ist in eine sehr gut nachvollziehbar erzählte Handlung verpackt: Jonas Berger (David Rott) arbeitet als erfolgreicher und auch am Wochenende umtriebiger Vertriebler für ein hessisches Unternehmen, das laut PR-Slogan "jede Wüste grün" macht. Vor einiger Zeit hat er erfahren, dass eine gut zwölf Jahre zurückliegende flüchtige Begegnung mit Lehramtsstudentin Shari (Sabrina Amali) nicht ohne Folgen geblieben ist. Er würde sich gern öfter um Tochter Laila kümmern, aber das ist bei seinem vollen Terminkalender und der Entfernung gar nicht so einfach. Mitunter reicht die Zeit wegen eines Staus auf der Autobahn auch nur zur Stippvisite; über Nacht ist Jonas ohnehin noch nicht geblieben.

Also macht Laila ihrem Erzeuger klar: entweder richtig oder gar nicht. Shari tippt auf "gar nicht", schließlich sei Jonas ein "Job-Zombie", aber Laila findet eine Lösung: "Ein Bett für Papa e.V.", ein Haus für Väter, die ihre Kinder übers Wochenende besuchen; aber so leicht macht es Douven seinen Figuren nicht. 

Der auf einer Idee von Produzentin Ina-Christina Kersten basierende Film ist ein ausgesprochen weibliches Projekt. Trotzdem ist Jonas keineswegs der Schurke dieser Geschichte; auch die Frauen werden durchaus kritisch gesehen. Shari zum Beispiel ist es gar nicht recht, dass Jonas plötzlich ein richtiger Vater sein will, weshalb sie die Beziehung einige Male nach Kräften unfair sabotiert. Seine Freundin (Adina Vetter) ahnt, dass er nun noch weniger Zeit für sie haben wird.

Dass sie plötzlich ebenfalls in Hamburg auftaucht, passt wiederum gar nicht zu den Plänen Lailas: Als sie am Abend ihres Geburtstags beobachtet, wie sich Jonas und Shari nach der Feier aussprechen, hofft sie prompt, dass die beiden wieder zueinander finden. Und dann ist da noch die mitunter etwas schroffe Vereinsvorsitzende Elke, hinter deren resoluter Fassade selbstredend eine verletzte Seele wohnt; die Herbergsmutter, von deren bedrückender Vergangenheit Douven ebenfalls erzählt, ist eine Rolle wie geschaffen für Petra Kleinert. Auch dank ihr genügen am Ende zwei Worte ("Hallo Mama"), um zu Tränen zu rühren. Nebenbei bleibt noch Raum genug für die Erfahrungen der anderen Väter.  

Inmitten all’ dieser Spannungsfelder wird Jonas mehr und mehr zu einer Marionette, an deren Fäden verschiedene Menschen in unterschiedliche Richtungen ziehen; erst recht, als sein Karrieretraum wahr wird. Um seine innerliche Zerrissenheit zu verdeutlichen, genügt eine Einstellung mit lauter aufploppenden SMS-Nachrichten.

Der Film erfreut ohnehin mehrfach durch Schnittphasen, die ebenso wie die sympathische Musik (Elisabeth Kaplan, Florian Hirschmann) für Tempo sorgen. Regisseurin Katja Benrath hat ihr Talent bereits mit zwei früheren Freitagsfilmen bewiesen. Ihr TV-Debüt war "Das Leben ist kein Kindergarten" (2020), eine sehenswerte Tragikomödie mit Oliver Wnuk als Erzieher, dessen idyllisches Dasein plötzlich von allen Seiten bedroht wird. Es folgte "Ein Wahnsinnstag" (2022), eine herrlich turbulente und mitreißend erzählte romantische Komödie mit Gute-Laune-Garantie. Auch diesmal zeigt sich wieder, wie gut Benrath jüngste Ensemble-Mitglieder zu führen weiß: Die Glaubwürdigkeit der Mutter- beziehungsweise Vater-Kind-Szenen ist auch Indira Corrales-Ehlers zu verdanken. Gerade die anfängliche Unsicherheit und das wachsende Vertrauen zwischen Laila und Jonas vermitteln sich sehr überzeugend; der jungen Schauspielerin ist nicht anzumerken, dass "Ein Zimmer für Papa" ihre erste filmische Arbeit ist.