Berlin (epd). Die deutschen Wälder tragen nicht mehr zur Speicherung des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) bei. Wie aus dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Ergebnis der Bundeswaldinventur hervorgeht, ist der Wald von einer Kohlenstoff-Senke zu einer Kohlenstoff-Quelle geworden. Durch Stürme und Dürre sowie Käferbefall hat sich der Kohlenstoffvorrat des Waldes seit 2017 bis 2022 um 41,5 Millionen Tonnen verringert.
„Das grüne Herz unseres Landes gerät außer Takt“, sagte von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) bei der Vorstellung des Berichts. „Das wäre ungefähr so, als wenn die Klimaanlage statt zu kühlen heizen würde.“ Ein starker Wald sei bedeutsam für den Klimaschutz. Deshalb müsse das Bundeswaldgesetz von 1975 in die heutige Zeit übersetzt werden. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat Ende 2023 einen Vorschlag für eine Neufassung des Gesetzes vorgestellt.
Insgesamt ist die Waldfläche mit geringfügigen Zuwächsen von 15.000 Hektar auf nun 11,5 Millionen Hektar zur letzten Inventur von 2012 stabil. Davon sind zwei Millionen Hektar von Schäden durch Naturgewalten betroffen. Aus Sicht des Naturschutzes und der Biodiversität gibt es aber auch positive Entwicklungen. So ist die Menge an Totholz um ein Drittel gegenüber der letzten Inventur auf 323 Millionen Kubikmeter gestiegen. Totholz bietet Lebensraum für viele Arten. Zudem wird der Wald älter und vielfältiger. Auf 79 Prozent der Fläche befindet sich Mischwald, 2012 waren es 77 Prozent.
Die Bundesregierung habe den Wald als Klimaschützer fest eingeplant, erklärte die Programmleiterin Wald beim WWF Deutschland, Susanne Winter. „Doch wir überfrachten ihn mit Aufgaben und plündern ihn aus. Mit der Bundeswaldinventur haben wir es amtlich: Der Wald fällt als Klimaschützer aus“, sagte sie. Winter forderte Özdemir auf, den Wald in Deutschland fit für Klima- und Biodiversitätsschutz zu machen. Es benötige ein „starkes Bundeswaldgesetz“. Ähnlich äußerte sich die Greenpeace-Waldexpertin Dorothea Epperlein und warnte vor einem ungebremsten Waldsterben. Grund dafür sei vor allem die intensive Forstwirtschaft.
Der Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates, Georg Schirmbeck, sprach sich gegen eine Novellierung des Gesetzes aus. Die Bemühungen der Waldbesitzer und Forstleute, die Wälder artenreicher und resilienter zu gestalten, seien erfolgreich. Darüber hinaus könnten die Kosten für die Anpassung der Wälder an den Klimawandel in den nächsten 30 Jahren nur bewältigt werden, wenn Bund und Länder sich daran beteiligen.
Zum vierten Mal hat die Bundeswaldinventur die großräumigen Waldverhältnisse in Deutschland erhoben. Im Unterschied zur jährlich erscheinenden Waldzustandserhebung erscheint die Bundeswaldinventur alle zehn Jahre und zeichnet über die Schäden hinaus ein umfassenderes Bild. Die Ergebnisse geben Auskunft über Faktoren wie Waldfläche, Baumartenverteilung, Altersstruktur und weitere ökologische Daten.