AOK-Fehlzeiten-Report: Weiter historisch hoher Krankenstand

AOK-Fehlzeiten-Report: Weiter historisch hoher Krankenstand
Die Wechselwirkung von einem hohen Krankenstand und zunehmendem Personalmangel beschäftigt die Forschung. Dem Fehlzeiten-Report der AOK zufolge können Arbeitgeber etwas dagegen tun.

Berlin (epd). Die Zahl der Krankschreibungen in Deutschland bleibt hoch. Bis zum August dieses Jahres ist laut dem am Dienstag in Berlin vorgestellten AOK-Fehlzeiten-Report 2024 bereits der Spitzenwert aus dem gesamten vorigen Jahr erreicht worden. Angesichts von Personalengpässen und Fachkräftemangel untersucht der Report untersucht auch, wie Arbeitgeber ihre Beschäftigten halten können.

Der Auswertung zufolge kamen bis zum August 225 Krankmeldungen auf 100 Versicherte, so viele wie im gesamten Jahr 2023. Die Autorinnen und Autoren des Reports gehen davon aus, dass die Zahlen bis Ende des Jahres noch steigen werden. Haupttreiber sind weiterhin Atemwegserkrankungen, gefolgt von psychisch bedingten Fehlzeiten. Psychische Leiden erhöhen den Krankenstand vor allem durch die lange Dauer von durchschnittlich 28 Tagen Arbeitsausfall. Wegen einer Atemwegserkrankung fehlen Beschäftigte hingegen im Durchschnitt nur sechs Tage.

Report-Mitautorin Johanna Baumgardt vom Wissenschaftlichen Institut der AOK führte die hohen Fehlzeiten auf zwei zentrale Faktoren zurück. Seit dem Beginn der Corona-Jahre sei der Krankenstand wegen der Zunahme an Infektionen und viralen Erkrankungen insgesamt höher. Zum Vergleich: Im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2021 wurden knapp 160 Krankmeldungen pro 100 AOK-Mitglieder gezählt. Zum anderen führten Arbeitsverdichtung, Personalmangel und Mehrfachbelastungen zu einer steigenden Zahl beruflich bedingter psychischer Erkrankungen. Sie haben in den vergangenen zehn Jahren am stärksten zugenommen.

Der AOK-Report beschäftigt sich daher in diesem Jahr mit der Frage, wie Arbeitgeber die negativen Entwicklungen bremsen können. Den Erhebungen zufolge sind die Krankschreibungen niedriger, wenn die Beschäftigten eine höhere Bindung an ihr Unternehmen haben. Das ergab eine repräsentative Befragung von 2.501 Beschäftigten zwischen 18 und 66 Jahren durch das forsa-Institut.

Zu den wichtigsten Faktoren dafür zählen die Arbeitszufriedenheit, die Möglichkeit, seine Fähigkeit einsetzen zu können und betriebliche Angebote zur Gesundheitsförderung. Allerdings werden diese nur von jedem Zweiten auch in Anspruch genommen. Das könne deutlich verbessert werden, bilanzierte Baumgardt. Wo die Belastungen besonders hoch sind wie etwa in der Pflege, schaukeln sich die negativen Faktoren hingegen hoch: Personalmangel führt zu Überlastungen und einem hohen Krankenstand, weswegen wiederum Pflegekräfte besonders häufig angeben, ihre Branche verlassen zu wollen.

Die AOK-Vorstandsvorsitzende Carola Reimann sagte zu den Problemen in der Pflegebranche: „Man kann so auf Dauer nicht weiterarbeiten.“ Mit Blick auf die akuten Finanzprobleme in der Pflegeversicherung verlangte sie von der Bundesregierung „eine kurzfristige Lösung“. Der Bund müsse der Pflegeversicherung zumindest schnell die Milliarden-Hilfen zurückzahlen, mit denen während der Corona-Pandemie Pflegeeinrichtungen gestützt wurden.

Die während der Pandemie eingeführte und inzwischen auf Dauer eingerichtete Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung trägt der AOK-Chefin zufolge nicht zum dauerhaften Hoch bei den Krankmeldungen bei. Reimann wandte sich damit gegen eine Forderung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der angesichts des hohen Krankenstandes verlangt, die telefonische Krankschreibung wieder abzuschaffen. Reimann sagte, die Beschäftigten gingen offenbar verantwortungsvoll mit dieser Möglichkeit um.

Die Ermittlung des Krankenstandes für den Fehlzeiten-Report basiert auf Daten der rund 15 Millionen AOK-Mitglieder, die im Jahr 2023 in mehr als 1,6 Millionen Betrieben tätig waren. Der Bericht erscheint jährlich.