Mainz (epd). Mit einer Plenardebatte über den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Ahrtalflut im rheinland-pfälzischen Landtag hat die politische Aufarbeitung der Katastrophe ein vorläufiges Ende gefunden. „Diese Naturkatastrophe, diese Apokalypse, hat unser Bundesland bis ins Mark getroffen“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Haller (SPD). Daher sei auch der elfköpfige Untersuchungsausschuss keiner gewesen wie andere in der Vergangenheit. Es sei nicht um Geld oder Verträge gegangen, sondern um 136 Menschenleben und um Tausende Menschen, die in eine existenzielle Notlage geraten seien.
Haller erinnerte an die Worte eines Bundeswehroffiziers, der erklärt habe, es sei ihm unvorstellbar, im eigenen Land außerhalb eines Krieges eine derartige Zerstörung zu sehen. „Dieser Ausschuss hat sicherlich nicht alle Erwartungen erfüllt, aber er hat alles versucht, mit enormem Einsatz aller Beteiligten“, sagte der Ausschussvorsitzende zum Abschluss der fast dreijährigen Arbeit. In 47 Sitzungen hatte das Gremium rund 250 Zeugen und Experten befragt. Einige der Sitzungen dauerten bis spät in die Nacht an.
Der über 2.000 Seiten starke Bericht hebt insbesondere „massive Versäumnisse“ beim Krisenmanagement des damaligen Landrats von Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), hervor. Die Oppositionsfraktionen betonen in ihren Sondervoten die Verantwortung der Aufsichtsbehörde ADD und der Landesregierung, die das Ausmaß der Katastrophe viel zu spät erkannt habe.
Dirk Herber, Obmann der CDU-Fraktion im Untersuchungsausschuss, warf der Ampel-Mehrheit vor, die vielen schweren Fehler der Landesregierung auszublenden: „Es gab im Land keine Kommunikation, keine Zusammenkunft, keinen Abgleich des Kenntnisstandes, keine Absprache über erforderliche Maßnahmen, keinen Kontakt zu den Krisenstäben vor Ort und keine Reaktion an die Öffentlichkeit oder die Medien.“ Alle Verantwortlichen in Mainz seien einfach davon ausgegangen, dass der Katastrophenschutz vor Ort schon irgendwie funktionieren werde. Herber forderte erneut die Entlassung von Umweltstaatssekretär Erwin Manz und ADD-Präsident Thomas Linnertz.
SPD-Obmann Nico Steinbach warf der CDU Populismus vor. Fast alle Fehler in der Flutnacht seien auf das Versagen des Landrats Pföhler zurückzuführen, der von einem neutralen Gutachter als „Systemsprenger“ bezeichnet worden sei. Der Landrat habe sich nicht nur nicht um die Einsatzleitung gekümmert, sondern Hilfsangebote des Landes zunächst sogar abgelehnt.
In der Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 war die Ahrtalregion nach langanhaltenden Regenfällen von einer riesigen Flutwelle zerstört worden. Der Landkreis Ahrweiler hatte den Katastrophenfall erst kurz vor Mitternacht ausrufen lassen, als zahlreiche Ortschaften bereits komplett überflutet und von der Außenwelt abgeschnitten waren. Die meisten Todesopfer forderte die Flutkatastrophe später am Unterlauf der Ahr in der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler und in Sinzig vor der Mündung der Ahr in den Rhein.
Erkenntnisse im Zuge der Beweisaufnahme hatten bereits zu den Rücktritten von Landesinnenminister Roger Lewentz (SPD) und Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) geführt, die zum Zeitpunkt der Flut an der Spitze des rheinland-pfälzischen Umweltressorts gestanden hatte. Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Koblenz gegen Ex-Landrat Pföhler und den ehrenamtlichen Leiter seines Krisenstabs wurden im Sommer 2024 ohne Anklage eingestellt, weil ein Zusammenhang zwischen den Fehlern beim Katastrophenmanagement und den Todesopfern nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden könne.