Berlin (epd). Die Beschäftigten in ärztlichen Praxen haben im vergangenen Jahr mehr Gewalt erlebt. Vor allem körperliche Gewalt habe 2023 „sprunghaft zugenommen“, berichtete die Kassenärztliche Bundesvereinigung am Freitag in Berlin. Die Fälle reichten von Tritten gegen das Schienbein, Schubsen und Spucken bis hin zu schweren Angriffen. Das sind die Ergebnisse einer Online-Befragung der Bundesvereinigung, an der sich insgesamt knapp 7.600 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie ihre Angestellten beteiligten.
Der Anteil derer, die körperliche Gewalt erlebten, stieg binnen fünf Jahren von 43 auf 60 Prozent im vergangenen Jahr. Verbale Gewalt ist demnach in den Praxen alltäglich: Fast 80 Prozent berichteten von Drohungen, Beschimpfungen und Beleidigungen. Kassenärzte-Chef Andreas Gassen nannte „die Verrohung der Sitten erschreckend“. Verantwortlich dafür sei „ein überlastetes und kaputt gespartes Gesundheitssystem“, aber auch Politik und Krankenkassen, die „zu hohe Ansprüche“ weckten.
Ein Drittel der Praxen habe wegen der zunehmenden Gewalt Vorkehrungen getroffen: beispielsweise ein Notrufsystem installieren lassen, potenziell gefährliche Gegenstände wie Vasen, Scheren oder Brieföffner entfernt, durch Umbauten Fluchtwege geschaffen oder das Personal entsprechend geschult. Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung begrüßte, dass die Bundesregierung Rettungskräfte, Feuerwehrleute und das Personal in Notaufnahmen gesetzlich besser vor Angriffen schützen will. Praxen bedürften aber auch „eines besonderen Schutzes“.