Nürnberg (epd). Im Jahr 2022 hat fast ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen (18,8 Prozent) unter 15 Jahren in Deutschland in einem armutsgefährdeten Haushalt gelebt. Betroffen seien vor allem Kinder in Alleinerziehenden-Haushalten, mit Migrationshintergrund, mit drei oder mehr Geschwistern und aus Ostdeutschland gewesen, teilte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag in Nürnberg mit.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts wiesen darauf hin, dass diese Jungen und Mädchen zahlreiche Einschränkungen ihres materiellen Lebensstandards hinnehmen müssten: „Beispielsweise leben mehr als die Hälfte der armutsgefährdeten Kinder in Haushalten, denen es aus finanziellen Gründen nicht möglich ist, abgenutzte Möbel zu ersetzen, einen festen Betrag zu sparen oder eine Woche in den Urlaub zu fahren.“ Auch bei Bedürfnissen wie einem regelmäßigen Taschengeld oder einem Platz zum Lernen bestanden den Angaben zufolge deutliche Unterschiede zwischen Kindern in Haushalten mit und ohne Armutsgefährdung.
Es bleibe abzuwarten, wie sich der Inflationsschub aus dem Jahr 2022 auf die Lebenslagen von Kindern und ihren Familien ausgewirkt habe, erklärte IAB-Forscher Torsten Lietzmann. Schutz vor Armutsgefährdung böten in vielen Fällen eine höhere Bildung und eine Erwerbstätigkeit der Eltern, hieß es. IAB-Forscherin Claudia Wenzig empfahl als „sinnvolle Ansatzpunkte“ die Höhe der materiellen Absicherung, die Förderung der Erwerbsbeteiligung der Eltern sowie einen einfachen Zugang zu Leistungen.
Die Studie beruht auf Daten des Panels „Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“ (PASS), eine jährliche Haushaltsbefragung mit den Schwerpunktthemen Arbeitsmarkt, Armut und soziale Sicherung. Die zugrunde gelegte Armutsgefährdungsschwelle 2022 lag für einen Ein-Personen-Haushalt in Deutschland bei 1.153 Euro und für einen Vier-Personen-Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren bei 2.421 Euro.