Hannover (epd). Im Arbeitsalltag von Polizistinnen und Polizisten finden sich einer neuen Studie zufolge zahlreiche Abläufe und Routinen, die rassistische Diskriminierung begünstigen. Forschende in Niedersachsen hätten fünf polizeiliche Aufgabenfelder identifiziert, in denen allein durch die eingeübten Arbeitsabläufe das Risiko für eine Benachteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund steige, sagte die Leiterin der Studie, Astrid Jacobsen von der Polizeiakademie Niedersachsen, am Montag bei einer Online-Konferenz. Das betreffe etwa anlasslose Kontrollen, Gefahrenbewertungen oder die Befragung von Personen. Zentraler Fokus der Studie seien die Arbeitsprozesse der Polizei und nicht wie in zahlreichen anderen Untersuchungen die persönlichen Einstellungen von Beamtinnen und Beamten gewesen.
Mit Co-Autor Jens Bergmann habe sie 2021/22 etwa ein Jahr lang in unterschiedlichen Dienststellen den Polizeialltag des Einsatz- und Streifendienstes, der Kriminalpolizei und der Bereitschaftspolizei in Niedersachsen begleitet, erläuterte Jacobsen. „Konkret sind wir mit Streife gefahren, waren bei Einsätzen dabei und haben die anschließende Dokumentationsarbeit verfolgt. Wir haben beobachtet, wie Ermittlungsansätze gesucht, Spuren gesichert und Vernehmungen durchgeführt werden“, schreiben Jacobsen und Bergmann in einer für den „Mediendienst Integration“ erstellten Zusammenfassung.
Rassistische Diskriminierungen bei anlasslosen Kontrollen resultierten daraus, dass sich die Beamten mangels anderer Kriterien auf Erfahrungen und polizeilich erstellte Lagebilder stützten, berichtete Studienleiterin Jacobsen weiter. Wenn diese etwa ergäben, dass am Bahnhof meistens junge Albaner Kokain verkauften, richte sich die polizeiliche Aufmerksamkeit zur Bekämpfung des offenen Drogenhandels auf Personen, die migrantisch aussähen. Diese Praxis der „rassifizierenden Kontrollen“ berge die Gefahr eines Tunnelblicks und der selbsterfüllenden Prophezeiung. Jede einzelne erfolgreiche Kontrolle bestätige das Verdachtsschema.