Kirchengemeinde erwägt selbst Anzeige

Antisemitischer Vorfall in Darmstadt
Getty Images/iStockphoto/Stadtratte
Der Vorstand der Darmstädter Michaelgemeinde will über den Vorfall auf dem Weihnachtsmarkt und die Erstattung einer eigenen Strafanzeige beraten.
Antisemitische Symbole
Kirchengemeinde erwägt selbst Anzeige
Nach der Veröffentlichung antiisraelischer und antisemitischer Symbole auf einem Weihnachtsmarkt der evangelischen Michaelsgemeinde in Darmstadt erwägt die Kirchengemeinde selbst Strafanzeige gegen die Aussteller.

"Ich bin tief enttäuscht, dass das Vertrauen der Gemeinde missbraucht wurde", sagte Pfarrer Manfred Werner am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Es war eine große Dummheit, dass wir der Vorbereitungsgruppe vertraut haben."

Der Staatsanwaltschaft liegen mehrere Strafanzeigen gegen die Gemeinde vor, unter anderem von der Jüdischen Gemeinde Darmstadt, dem Hessischen Antisemitismusbeauftragten und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) selbst. "Wir werden in jeder Hinsicht mit der Staatsanwaltschaft kooperieren", sagte Werner. Es gebe in der Kirchengemeinde die Tradition, die Kirche als "Dialograum" zur Verfügung zu stellen. Einen Vorfall wie am vergangenen Wochenende habe es vorher nie gegeben. Die betreffenden Aussteller "machen uns alles kaputt", sagte er.

Auf dem "Anti-Kolonialen Friedens-Weihnachtsmarkt" der Gemeinde am vergangenen Wochenende wurden nach veröffentlichten Bildern Produkte feilgeboten wie das Kennzeichen der verbotenen Terrororganisation Hamas, das rote Dreieck, oder der Slogan "From the river to the sea", der die Auslöschung Israels fordert. Auf Lebkuchenherzen stand die Botschaft "Never again for everyone", die nach Aussage des Hessischen Antisemitismusbeauftragten Uwe Becker den Krieg Israels gegen die Hamas in Gaza mit dem Holocaust an den Juden gleichsetzt.

Pfarrer Werner erklärte, er sei für die Andacht auf dem Weihnachtsmarkt eingeladen worden, den eine Vorbereitungsgruppe unter Einschluss eines Mitglieds des Kirchenvorstands ausgerichtet hatte. Die "widerlichen" Slogans habe er nicht bemerkt. "Hätte ich das bemerkt, dass etwas Rassistisches oder Antisemitisches ausgestellt wird, wäre ich sofort eingeschritten", sagte er. "Ich bin Pazifist und lehne auch befreiende Gewalt ab", bekräftigte Werner. Die Ausstellung von Symbolen der Hamas wären von der Kirchengemeinde nie gestattet worden.

Der Kirchenvorstand wird nach den Worten des Pfarrers über den Vorfall und die Erstattung einer eigenen Strafanzeige beraten. "Ich bedaure zutiefst, dass es zu diesem Vorfall gekommen ist", erklärte Werner in einer auf der Homepage der Gemeinde veröffentlichten Stellungnahme, und bat um Entschuldigung. Ein solcher Vorfall solle sich nie wiederholen, sagte er. Er biete der jüdischen Gemeinde jede Form der Zusammenarbeit an. "Antisemitismus ist keine Meinung, sondern eine menschenverachtende Haltung", betonte Werner.

Nach Augenzeugenberichten und vorliegendem Bildmaterial seien "sämtliche Register gezogen worden, um Israel zu dämonisieren und zu delegitimieren", hatte der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Daniel Neumann, dem epd in einer ersten Reaktion gesagt. "Es ist tragisch, dass das legitime Anliegen, auf das Leid der Palästinenser aufmerksam zu machen und Spenden zu sammeln, immer direkt ein Einfallstor bietet, um Israelhass und Antisemitismus zu verbreiten."