Berlin (epd). In Deutschland leben weniger als 7.000 Asylsuchende, für deren Unterbringung ein anderer europäischer Staat zuständig ist und die als ausreisepflichtig gelten. Wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger hervorgeht, waren Ende Juni im Ausländerzentralregister zwar 24.872 Menschen registriert, für die ein anderer Mitgliedstaat des Dublin-Abkommens zuständig wäre. Nur 6.840 davon galten aber laut dem Dokument, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, offiziell als „ausreisepflichtig“.
Das Ministerium macht in der Antwort keine Angaben dazu, warum bei der Mehrheit der Fälle keine Ausreisepflicht vorliegt, etwa ob die Überstellungsfrist abgelaufen ist. Nach dem Dublin-Verfahren ist in der Regel der europäische Staat für das Asylverfahren zuständig, über den ein Asylsuchender eingereist ist. Reist der Betroffene in ein anderes Land zurück, kann er zurückgeschickt - im Amtsdeutsch: überstellt - werden. Dafür gilt ab Zustimmung des zuständigen Staates eine Frist von sechs Monaten. Verstreicht sie, ist automatisch der andere Staat zuständig.
Die Praxis bei Dublin-Überstellungen ist durch das islamistisch motivierte Attentat in Solingen in den Fokus der Politik gerückt. Der mutmaßliche Täter hätte nach Bulgarien zurückgeschickt werden können. Ein Abschiebeversuch scheiterte, danach lief die Überstellungsfrist ab. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat angekündigt, eine „Dublin-Task-Force“ von Bund und Ländern einzurichten, um Dublin-Überstellungen künftig konsequenter durchzusetzen.
Zudem will sie Menschen, deren Asylgesuch in einem anderen EU-Staat geprüft werden müsste, die Sozialleistungen streichen. „Jetzt stellt sich heraus, dass in Deutschland weniger als 7.000 Menschen leben, auf die das zutrifft“, sagte Bünger. Sie kritisierte, die Bundesregierung wolle „Geflüchtete aushungern“, um sie zur Ausreise zu zwingen. „Die Migrationsdebatte ist vollkommen außer Kontrolle geraten“, sagte sie.