Berlin (epd). Noch nie haben in Deutschland mehr Kinder eine Tageseinrichtung oder Tagespflege besucht als im Jahr 2023. Zum Stichtag 1. März nahmen knapp 860.000 unter Dreijährige und 2,7 Millionen über Dreijährige ein Angebot der Kindertagesbetreuung in Anspruch, wie aus dem am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Bericht „Kindertagesbetreuung kompakt“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hervorgeht. Die Zahl sei im Vergleich zu 2022 gestiegen: um 2 Prozent bei den Kindern unter drei Jahren und um 1,5 Prozent bei den über Dreijährigen.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sagte, der Bedarf übersteige dennoch weiter das Angebot. Die Bundesregierung führe das Kita-Qualitätsgesetz deshalb auch nach 2024 fort und stelle in den kommenden zwei Jahren weitere vier Milliarden Euro bereit, um insbesondere Fachkräfte zu gewinnen und zu binden.
„Immer mehr Eltern wünschen sich auch für die Allerjüngsten gute Betreuungsangebote“, sagte Paus. Die Lücke zwischen Betreuungsbedarf und -angebot sei bei den unter Dreijährigen um einen Prozentpunkt größer geworden, heißt es in dem Bericht. Es würden zwar mit 36,4 Prozent mehr Kinder aus dieser Altersgruppe betreut als je zuvor. Demgegenüber stünden jedoch 51 Prozent der Eltern, die für ihre unter dreijährigen Kinder eine Betreuung wünschten. Von den Drei- bis Fünfjährigen würden 91,3 Prozent betreut, bei einem Bedarf von 96,7 Prozent. Etwa die Hälfte aller Kinder in den Tagesbetreuungen habe einen Ganztagsplatz.
In Westdeutschland habe sich der Anteil der unter Dreijährigen, die eine Tagesbetreuung besuchten, von 7,9 Prozent im Jahr 2006 auf 32,7 Prozent im Jahr 2023 mehr als vervierfacht. In Ostdeutschland hingegen seien 2006 bereits 39,3 Prozent der Kinder in dieser Altersgruppe in Betreuung gewesen. Seit 2019 sinke dort die Zahl der betreuten Kinder unter drei Jahren. Da es in den ostdeutschen Ländern aufgrund demografischer Entwicklungen weniger Kinder in dieser Altersgruppe gebe, sei deren Betreuungsquote dennoch weiter gestiegen, auf 54,2 Prozent im Jahr 2023.
Die Lücke zwischen Bedarf und Angebot sei in Ostdeutschland kleiner. Das Ministerium geht davon aus, dass dort bis 2035 22.000 bis 44.000 Plätze weniger für über Dreijährige benötigt werden, für über Dreijährige 21.000 bis 33.000 mehr. In Westdeutschland rechnet es mit einem Mehrbedarf von 268.000 bis 306.000 Plätze für unter Dreijährige und 107.000 bis 199.000 für ältere Kinder.
Eltern, deren Kinder einen Betreuungsplatz erhalten haben, müssen den Angaben zufolge mit einem eingeschränkten Angebot der Einrichtungen umgehen: Ungeplante Schließtage oder verkürzte Öffnungszeiten beträfen bundesweit etwa 70 Prozent der Eltern mindestens gelegentlich. Gründe seien vor allem kurz- und langfristiger Personalmangel sowie Infektionskrankheiten.
Im Mai 2024 hat das Familienministerium eine „Gesamtstrategie Fachkräfte in Kitas und Ganztag“ veröffentlicht. Das Empfehlungspapier bündelt Maßnahmen, die Fachkräfte für Erzieherberufe gewinnen und binden sollen. Die Aus- und Weiterbildung könne beispielsweise modularisiert, flexibilisiert und besser vergütet werden, um mehr Menschen, auch solchen mit ausländischen oder fachfremden Qualifikationen, einen Einstieg in den Erziehungsbereich zu ermöglichen.