Sorge nach den Landtagswahlen wegen Rechtsruck

Sorge nach den Landtagswahlen wegen Rechtsruck
Bei den Landtagswahlen hat die AfD in Sachsen und Thüringen mehr als 30 Prozent Wählerzuspruch erhalten. Bei vielen Organisatoren löst das Entsetzen aus. Sie rufen zu Dialog und demokratischem Zusammenhalt auf.

Dresden, Erfurt (epd). Nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen wächst die Sorge wegen des Rechtsrucks in der Gesellschaft. In dem weiteren Erstarken der AfD sieht der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer eine Gefahr für die Demokratie. Die in Sachsen und Thüringen als rechtsextrem eingestufte Partei erreichte bei den Landtagswahlen am Sonntag in beiden Bundesländern jeweils mehr als 30 Prozent.

Die Ergebnisse zeigten, dass die AfD eine nachhaltige Stärke habe aufbauen können, sagte Vorländer dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Dresden. Dass der Abstand der zwischen AfD und CDU in Sachsen so gering ausfällt, überrasche dann aber doch einigermaßen.

Laut den vorläufigen Wahlergebnissen für Sachsen liegt die CDU mit 31,9 Prozent knapp vor der AfD mit 30,6 Prozent. Das erstmals angetretenen Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreichte 11,8 Prozent der Stimmen. Die SPD kam auf 7,3 Prozent, die Grünen auf 5,1 Prozent. Die Linke erreichte 4,5 Prozent und zieht nur wieder in den sächsischen Landtag ein, weil sie zwei Direktmandate geholt hat. Über einen Sitz verfügen die Freien Wähler aufgrund eines Direktmandats.

In Thüringen gewann die AfD die Landtagswahl deutlich mit 32,8 Prozent vor der CDU mit 23,6 Prozent. Das BSW errang 15,8 Prozent.

Zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen zeigten sich entsetzt und zugleich besorgt über den gewachsenen Zuspruch für die AfD. Der Bund Lausitzer Sorben erklärte: Das Wahlergebnis sei „von historischer Brisanz und erfüllt die Sorben und ihre Dachorganisation mit großer Sorge für die Zukunft der Region, Deutschlands und Europas“. Die hohe Anzahl an Stimmen für rechtsextremistische und populistische Parteien sei „eine ernsthafte Herausforderung für unsere demokratische Gesellschaft“.

Der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, erklärte in der „Bild“-Zeitung (Montag), die freie und offene Gesellschaft in Deutschland sei in Gefahr. Er verglich die Ergebnisse der AfD mit einem Wirkungstreffer in einem Boxkampf: „Deutschland taumelt“. Schuster äußerte sich besorgt, dass immer mehr Menschen die AfD aus politischer Überzeugung wählten.

Sorgen äußerte auch die Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden, Nora Goldenbogen. Seit Jahren hätten sich rechtsextreme Positionen in der Gesellschaft, im Alltag verfestigt. „Wir müssen aufpassen, dass diese Tendenz nicht weitergeht“, sagte sie und warnte vor einer weiteren Radikalisierung. „Wir haben keine Angst, wir haben größte Befürchtungen“, sagte Goldenbogen. Es müsse gelingen, dass sich demokratische Kräfte über politische und persönliche Interessen hinweg zusammenschließen.

Der evangelische Landesbischof Tobias Bilz und der Bischof des Bistums Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, riefen zu Gesprächs- und Kompromissbereitschaft auf und warben „für einen neuen Umgang miteinander“. Der mitteldeutsche evangelische Landesbischof Friedrich Kramer ermutigt die Politikerinnen und Politiker in Thüringen, nach der Landtagswahl neue Wege der Zusammenarbeit zu gehen.