Frankfurt a.M. (epd). Die Vorsitzenden der Unionsparteien, Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU), fordern weitere Verschärfungen in der Asyl- und Migrationspolitik. Beide machten am Wochenende deutlich, dass sie die bisher von der Bundesregierung geplanten Vorhaben für nicht ausreichend halten. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wies die Kritik zurück.
Kühnert sagte dem Berliner „Tagesspiegel“ (Samstag), Söder wolle „an unserem Grundgesetz herumschrauben“. Er forderte von den Unionsparteien, in der Asylpolitik „Maß und Mitte“ zu halten, und plädierte dafür, alle weiteren Ideen kommende Woche bei gemeinsamen Gesprächen von Regierung, Union und Bundesländern zu erörtern.
Die Ampel-Koalition hatte sich am Donnerstag als Antwort auf die Terrortat von Solingen eine knappe Woche zuvor auf ein „Sicherheitspaket“ verständigt. Geplant sind etwa eine Verschärfung des Asylrechts, weitgehende Messerverbote und mehr Befugnisse der Sicherheitsbehörden. Flüchtlingen, für die ein anderes EU-Land zuständig ist, will die Regierung die Sozialleistungen komplett streichen.
Merz kritisierte in einem Schreiben, das den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag) vorlag, das Wort „Grenze“ komme in den Vorschlägen nicht vor. Die hohe Zahl Asylsuchender stelle jedoch eine Gefährdung der nationalen Sicherheit und Ordnung dar. Nötig sei deswegen die Ausrufung einer Asyl-Notlage. Die EU erlaube den Mitgliedsstaaten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und für den Schutz der inneren Sicherheit, eigene Vorkehrungen zu treffen, betonte Merz: „An diesem Punkt sind wir angekommen.“
Söder sagte der „Welt am Sonntag“ er sehe in dem Paket der Bundesregierung „einige Ansätze“, doch „der grundlegende Richtungswechsel“ fehle weiterhin. Der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident schlug Zurückweisungen an den Grenzen, eine grundlegende Reform des Asylrechts, Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern und mehr sichere Herkunftsstaaten vor.
Kritik an den geplanten Maßnahmen kam auch vom Wiesbadener Asyl- und Migrationsforscher Maximilian Pichl. Der Wissenschaftler bezweifelte am Samstag im Deutschlandfunk, dass die von der Ampel-Koalition geplante Kürzung von Sozialleistungen für Flüchtlinge, für die ein anderes EU-Land zuständig ist, verfassungskonform ist. „Ich halte das mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu Sozialleistungen für Asylbewerber nicht für vereinbar“, sagte Pichl.
Sollte die Koalition den sogenannten Dublin-Flüchtlingen die Sozialleistungen komplett streichen, dürfte sich das nach Einschätzung des Wissenschaftlers als „großer Treiber für Kriminalität“ erweisen. Ebenso könnten Flüchtlinge ohne jegliche Einkünfte untertauchen, „weil sie in extreme Notlagen geraten und verelenden“, sagte er.
Beim „Fest der Vielfalt“ zum 650. Solinger Stadtjubiläum hatte ein Attentäter vor gut einer Woche drei Menschen erstochen und acht weitere Menschen verletzt. Mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer, der Anfang 2023 als Asylbewerber nach Deutschland kam und nach der tat verhaftet wurde. Ihm wird unter anderem die Mitgliedschaft in der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) vorgeworfen. Der Mann sollte nach Bulgarien abgeschoben werden, wo er zuerst einen Asylantrag in der EU gestellt hatte. Die Überstellung scheiterte jedoch.