Berlin, Köln (epd). Deutschland hat laut einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Nachholbedarf bei Investitionen in Kinder. Gezielt eingesetzte Gelder, insbesondere für benachteiligte Kinder, seien sowohl gesellschaftlich als auch ökonomisch sinnvoll und würden langfristig „positive Effekte in Milliardenhöhe“ für die öffentlichen Haushalte bringen, heißt es in einem am Donnerstag in Berlin veröffentlichtes Gutachten des arbeitgebernahen Instituts im Auftrag von Unicef.
Es sei mehr Geld an Stellen nötig, wo Eltern ihre Kinder etwa wegen fehlender eigener Bildung oder Sprachkompetenzen nicht optimal fördern könnten, hieß es. „In diesen Fällen wäre eine deutlich stärkere kompensatorische Bildungsarbeit in Schulen und Betreuungseinrichtungen notwendig, die sich nur mit zusätzlichen personellen Ressourcen realisieren ließe.“ Konkret wird etwa ein Ersatz für das ausgelaufene Sprachkita-Programm durch die Bundesländer oder ein neues Bundesprogramm vorgeschlagen. Auch ein stärkeres Vorschulsystem wie in Kanada und Dänemark sei sinnvoll.
„Kinder werden in einigen Jahrzehnten als Erwachsene die Wirtschaft tragen, die Gesellschaft prägen und den Wohlstand sichern“, betonte Axel Plünnecke, Studienleiter des IW-Gutachtens. Doch das werde im politischen Diskurs oft noch zu wenig gesehen und müsse bei Haushaltsentscheidungen stärker berücksichtigt werden. Georg Graf Waldersee, Vorsitzender von Unicef Deutschland, betonte, gerade bei den am meisten benachteiligten Kindern und Jugendlichen gebe es große Lücken: „In ihnen schlummert außerdem das größte noch ungenutzte Potenzial.“
Als Beispiel für die positiven Effekte solcher Investitionen führt das IW eine Modellrechnung zum Startchancenprogramm an. Damit werden gezielt Schulen mit einem hohen Anteil benachteiligter Kinder gefördert. Den geplanten Ausgaben von 20 Milliarden Euro stünden langfristig positive Effekte zwischen 56 und 113 Milliarden für die öffentlichen Haushalte gegenüber, hieß es. Diese kämen etwa durch zusätzliche Steuereinnahmen und niedrigere Transferleistungen zustande, wenn die Jugendlichen einen höheren Schulabschluss erreichen.