Regierung plant Gespräche mit Ländern und Opposition nach Solingen

Regierung plant Gespräche mit Ländern und Opposition nach Solingen
Kanzler Scholz geht auf das Angebot von CDU-Chef Merz ein, über Änderungen in der Asylpolitik zu reden. Ein Antasten des Grundrechts auf Asyl lehnt er aber ab. Aus der Regierung werden derweil eigene Vorschläge zu Konsequenzen aus Solingen erwartet.

Berlin (epd). Nach dem Messeranschlag von Solingen will die Bundesregierung mit den Bundesländern und der Union über mögliche Konsequenzen das Gespräch suchen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte am Mittwoch in Berlin an, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu „vertraulichen und zielgerichteten“ Gesprächen einladen werde. Die Bundesregierung berät zudem intern über ein Maßnahmenpaket. Ein Ergebnis dieser Gespräche kündigte Regierungssprecher Steffen Hebestreit „sehr zeitnah“ an.

Man werde Lehren aus Solingen ziehen, sagte Scholz. „Nach diesem Terroranschlag können und werden wir nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagte er. Faeser und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatten am Montag einen „Dreiklang“ angekündigt, der aus Maßnahmen zur Bekämpfung von Islamismus, für schnellere Abschiebungen und zur Verschärfung des Waffenrechts bestehen soll. CDU-Chef Merz forderte indes auch grundlegende Änderungen in der Migrationspolitik, darunter Zurückweisungen Asylsuchender an der Grenze, und bot Scholz Gespräche dazu an.

Die soll es Scholz zufolge nun geben zwischen Faeser, Vertretern von CDU und CSU sowie dem Vorsitz und Vize-Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz. Das sind Hessen und Niedersachsen. Scholz sagte, das Ziel sei, irreguläre Migration zu begrenzen. Die Zahlen seien noch längst nicht so, wie es die Bürgerinnen und Bürger erwarteten und wie auch er sich sich wünsche, sagte Scholz.

Forderungen nach rechtlichen Änderungen, die Grundsätze des Asylrechts wie den Anspruch auf eine individuelle Prüfung des Schutzgesuchs infrage stellen, wies die Regierungsspitze derweil erneut zurück. Der Asylrechtsparagraf im Grundgesetz bleibe unangetastet, sagte Hebestreit, betonte aber zeitgleich, dass man dahin zurückkehren müsse, dass Asylbewerber nicht das Anrecht haben, das Land ihrer Wahl aufzusuchen, sondern gegebenenfalls in zuständige EU-Länder zurückgeschickt werden müssen.

Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) äußerte sich am Mittwoch zum Anschlag in Solingen und forderte Konsequenzen. Er sehe sie vor allem in drei Bereichen: bei Ausstattung und Befugnissen der Sicherheitsbehörden, dem Kampf gegen Radikalisierung und beim Umgang mit Migration, sagt der Vizekanzler in einem auf der Plattform X geposteten Video. Gleichzeitig warnte er vor Populismus und Aussagen, „die Lösungen vorgaukeln, die Unfug sind oder nichts bringen“.

Eine Mehrheit der Bevölkerung spricht sich laut einer Umfrage derweil gegen die Instrumentalisierung der Terrortat für den Wahlkampf aus. Laut der am Mittwoch veröffentlichten Forsa-Blitzumfrage für das Magazin „stern“ und den Sender RTL Deutschland ist nur eine Minderheit von 37 Prozent der Meinung, dass die schnellen Reaktionen auf den Anschlag richtig und angemessen sind. 60 Prozent fänden es laut „stern“-Mitteilung besser, in Ruhe und nach Vorliegen der genauen Ermittlungsergebnisse über mögliche Gesetzesänderungen und andere Maßnahmen zu entscheiden. Drei Prozent äußern keine Meinung. Am Sonntag wird in Sachsen und Thüringen ein neuer Landtag gewählt.

Am Freitagabend hatte ein Messerstecher beim „Fest der Vielfalt“ zum 650. Solinger Stadtjubiläum Festbesucher attackiert. Drei Menschen wurden getötet und acht verletzt. Der mutmaßliche Attentäter Issa Al H. wurde am Samstagabend festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Dem 26-jährigen Syrer wird unter anderem die Mitgliedschaft in der islamistischen Terrororganisation IS vorgeworfen.