Düsseldorf (epd). Die nordrhein-westfälische Flucht- und Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) fordert, dass Bund und Länder gemeinsam für Verbesserungen in der Abschiebe- und Rücküberstellungspraxis sorgen. Auf Landesebene seien nach dem Anschlag in Solingen am Freitagabend zunächst einige kleinere Änderungen in den Blick genommen worden, sagte Paul am Dienstag in Düsseldorf. Der mutmaßliche Attentäter Issa Al H. stammt aus Syrien und kam den Angaben zufolge im Januar 2023 als Asylbewerber über Bulgarien nach Deutschland. Eigentlich hatte Bulgarien einer Rücküberstellung des Mannes zugestimmt. Diese wurde aber nicht umgesetzt.
Die Modalitäten für Überstellungen nach Bulgarien seien sehr schwierig, kritisierte die Grünen-Politikerin. Diese seien nur auf dem Luftweg über drei bestimmte Fluggesellschaften montags bis donnerstags zwischen 9 und 14 Uhr und über den Flughafen in Sofia möglich. Dadurch blieben theoretisch nur zehn mögliche Abschiebungen pro Tag für alle Bundesländer.
Generell bezeichnete die Ministerin das aktuelle System für die Rücküberstellung von Asylsuchenden in die Länder, in denen die Menschen zuerst in die EU eingereist sind, als „dysfunktional“. Lediglich ein kleiner Prozentanteil der genehmigten Überstellungen werde tatsächlich umgesetzt. Hier müssten viele Prozesse und die Zusammenarbeit verbessert werden. Dazu müssten sich Bund und Länder an einen Tisch setzen, sagte Paul.
Die Überstellung des mutmaßlichen Attentäters von Solingen war laut Ministerium für den 5. Juni 2023 geplant. Allerdings habe die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) Bielefeld den Mann nicht in der Unterkunft angetroffen. Davor und danach sei er allerdings wieder vor Ort gewesen, wie eine Prüfung der Akten ergeben habe. Allerdings habe die Ausländerbehörde davon nichts gewusst. Dieser Informationsaustausch werde in NRW nun verbessert, sagte Paul. Es gebe viele kleinen Stellschrauben, an denen man auf Landesebene arbeiten werde. Das gehe allerdings nicht von heute auf morgen, sondern müsse Schritt für Schritt verändert werden.
Die Ministerin betonte, vor Freitagabend habe es keine „sicherheitsrelevanten Informationen“ über den mutmaßlichen Attentäter gegeben. Der 26-jährige Syrer soll der Mann sein, der am Freitag beim „Fest der Vielfalt“ zum 650. Solinger Stadtjubiläum mit einem Messer drei Festbesucher tötete und acht verletzte. Ihm wird unter anderem die Mitgliedschaft in der islamistischen Terrororganisation IS vorgeworfen.