Erfurt (epd). Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch hat eine gesellschaftliche Stärkung von Demokratieprojekten in Deutschland angemahnt. Es sei nicht hinzunehmen, dass sich Menschen nicht mehr trauen, etwa in der Geflüchtetenberatung zu arbeiten, sagte Schuch am Montag in Erfurt zum Auftakt einer fünftägigen Sommerreise durch Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hessen. Gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden der Diakonie Mitteldeutschland, Christoph Stolte, traf sich Schuch unter anderem mit Demokratieberaterinnen im Erfurter Augustinerkloster.
Der Diakonie-Präsident betonte dabei, er sei gekommen, um zuzuhören. „Uns wurde von den Beleidigungen und der Gewalt berichtet, denen die Mitarbeiterinnen in den Demokratieprojekten seitens der rechten Szene tagtäglich ausgesetzt sind“, berichtete er.
Mit Blick auf die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen am kommenden Sonntag, sagte Schuch, ihm sei es unverständlich, dass es einem Drittel der Bevölkerung in den beiden Ländern offenbar egal sei, eine anerkannt rechtsextremistische Partei zu wählen. Die Demokratie dürfe nicht einfach so über Bord gekippt werden, warnte er und warb dafür, seine Stimme einer Partei aus dem demokratischen Spektrum zu geben.
Schuch sagte weiter, er habe sich während seiner Sommerreise zum Ziel gesetzt, vor allem „Basiscamps für Demokratiestärkung“ aufsuchen. Auf eine ganz andere Art sei das auch das „Jesus-Projekt“ im Erfurter Norden. Das Projekt in einem Erfurter Plattenbauviertel erreiche Menschen, die von der Gesellschaft als abgehängt betrachtet werden. Dorthin zu gehen, wo die Schwächsten Unterstützung benötigten, sei exakt der Auftrag von Diakonie und Kirche, betonte er. Diese Menschen wieder an die Mehrheitsgesellschaft heranzuführen, sei ein wichtiger Beitrag für die gelebte Demokratie im Land.
Der Vorsitzende der Initiative, Michael Flügge, sagte, das „Jesus-Projekt“ betreibe soziale Arbeit verbunden mit einem niederschwelligen Missionsangebot. In dem Stadtviertel lebten viele Familien mit Suchtproblematiken. Den Kindern werde oft genug nicht mehr vorgelebt, was es heiße, Struktur ins Leben zu bekommen. Es gehe dem Projekt und dem vielfältigen Kursangebot darum, zu helfen. Zugleich mache es die Klienten mit Jesus bekannt und ermutige sie, zum Glauben zu finden, wann immer sie dafür bereit seien.
Bislang nicht gehört wurde laut Flügge allerdings sein Wunsch nach einer stärkeren Vernetzung mit den umliegenden Kirchengemeinden. Oftmals heiße es etwa zu Vorschlägen für eine gemeinsame Jugendarbeit, die Klientel des „Jesus-Projekts“ sei von ihrem Wesen und ihren Bedürfnissen her nicht so richtig mit den Jugendlichen in den Gemeinden kompatibel. Laut Flügge sollte Kirche aber für alle offen stehen. In vielen Fällen sei es, ungeachtet aller persönlichen Probleme, ja gerade der Glaube, der den Menschen in den Angeboten des Projekts Halt gebe.
Das „Jesus-Projekt“ ist eine sozial-diakonische Lebens- und Dienstgemeinschaft. Vor rund zwei Jahrzehnten gegründet umfasst die Kommunität heute rund zwei Dutzend Brüder und Schwestern, die größtenteils auch in dem Wohngebiet leben.