Göttingen (epd). Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat die Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz nach einem generellen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien als Reaktion auf den Messerangriff in Solingen als „unmenschlich und populistisch“ kritisiert. Die Forderung sei nicht mit dem Asylrecht vereinbar, sagte der Nahostexperte der in Göttingen ansässigen Menschenrechtsorganisation, Kamal Sido, am Montag. „Reflexhafte Forderungen nach Abschiebungen und einem Aufnahmestopp für Asylbewerber aus Afghanistan oder Syrien bekämpfen Islamismus nicht“, erklärte er.
Beim „Fest der Vielfalt“ zum 650. Solinger Stadtjubiläum hatte ein Mann am Freitagabend mit einem Messer auf Festbesucher eingestochen. Drei Menschen wurden getötet und acht verletzt. Der mutmaßliche Attentäter Issa Al H. wurde am Samstagabend festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Dem 26-jährigen Syrer wird unter anderem die Mitgliedschaft in der islamistischen Terrororganisation IS vorgeworfen.
Sido kritisierte außerdem, Merz lasse vollkommen außer Acht, dass der IS ethnische und religiöse Minderheiten verfolge. Den Verfolgten müsse Deutschland Schutz gewähren.
Zugleich mahnte der Menschenrechtsaktivist ein „Umdenken in der deutschen Außenpolitik“ an. Solange islamistische Machthaber wichtige Partner Deutschlands und der NATO blieben, seien Forderungen nach Abschiebungen zur Islamismus-Bekämpfung unglaubwürdig und fahrlässig. Regierungen von NATO-Staaten hätten in Syrien und Afghanistan interveniert und dort islamistische Kräfte finanziert. So seien viele islamistische Gruppen überhaupt erst erstarkt. Um Russland und China international zu schwächen, setzten NATO-Regierungen weiterhin auf die Zusammenarbeit mit Islamisten, bemängelte Sido.