Berlin (epd). Ein Rahmengesetz für die von den Bundesländern im Detail zu regelnde Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen wäre nach Einschätzung des Kirchenrechtsexperten Stefan Korioth ohne formelle Zustimmung des Bundesrats möglich. „Das ist möglich, weil die Verfassung sagt, dass der Bund ein Grundsätzegesetz für die Ablösung aufstellen muss“, sagte der Professor für Öffentliches Recht der Ludwig-Maximilians-Universität München am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Wenn dieses Gesetz sich auf die Grundsätze beschränkt und den Ländern verschiedene Ablösungswege offen hält, ist das nicht zustimmungspflichtig.“
Konkret heißt das nach Korioths Worten, dass Details wie ein genauer Ablösefaktor oder Zeitraum für die Ablösung nicht durch das Bundesgesetz vorgeschrieben werden dürfen. „Das Gesetz könnte sagen, die Ablösung müsse innerhalb eines angemessenen Zeitraumes erfolgen, und das Äquivalenzprinzip zugrunde legen, also dem heutigen Wert entsprechen“, sagte der Jurist. „Welcher Zeitraum als angemessen angesehen wird, darüber sollten die Länder entscheiden“, ergänzte er. Immerhin gehe es um deren Kassen.
Zum Vorschlag des CDU-Politikers Günter Krings, den Passus mit dem Auftrag zur Ablösung der Staatsleistungen aus der Verfassung zu streichen, sagte Korioth, auch das sei im Wege einer Verfassungsänderung möglich, also mit Zwei-Drittel-Mehrheiten im Bundestag und im Bundesrat. „Das Ergebnis wäre aber sehr merkwürdig“, sagte er.
Seit 105 Jahren bestehe der Auftrag, die Leistungen abzulösen: „Wenn man jetzt dazu überginge, die Staatsleistungen zu perpetuieren, wäre dies eigentümlich.“ Krings hatte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gesagt, das Staat-Kirche-Verhältnis habe sich seit 1919 auch ohne Ablösung der Staatsleistungen gut eingespielt. Daher stelle sich die Frage, ob sich der Verfassungsauftrag nicht überlebt habe.
Insgesamt begrüßte Korioth den Willen der Ampel-Koalition, die Ablösung auch ohne Zustimmung der Länder anzugehen. „Es ist richtig, dass der Bund die Initiative ergreift. Das ist eigentlich überfällig“, sagte er, äußerte sich gleichzeitig über die Erfolgschancen aber skeptisch. „Nach den Erfahrungen der vergangenen Legislaturperiode und aller Anläufe in den vergangenen 15 Jahren stehen die Chancen nach meinem Eindruck nicht so gut“, sagte er. In der vergangenen Wahlperiode war ein Gesetzentwurf der damaligen Oppositionsfraktionen von Grünen, FDP und Linkspartei zur Ablösung im Bundestag gescheitert.