Hildesheim (epd). Das katholische Bistum Hildesheim hat beim Landgericht Hildesheim beantragt, die Klage eines Betroffenen von sexuellem Missbrauch abzuweisen. Die Schilderungen des Betroffenen könnten nicht nachvollzogen werden, zudem sei der Anspruch verjährt, teilte das Bistum am Dienstag mit. Der heute 50-jährige Mann aus Hildesheim hatte das Bistum im Mai auf Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 Euro plus Zinsen verklagt. Er beschuldigt einen mittlerweile verstorbenen Pfarrer, ihn in den Jahren 1984 bis 1985 sexuell missbraucht zu haben.
Es ist das erste Mal in Norddeutschland, dass eine Schmerzensgeldforderung gegen ein Bistum vor Gericht ausgetragen wird. Im Juni 2023 hatte das Landgericht Köln einem Missbrauchsbetroffenen 300.000 Euro an Schmerzensgeld zugesprochen. Der Mann war in den 1970er-Jahren als Messdiener von einem Pfarrer missbraucht worden. Es war bundesweit das erste Urteil dieser Art.
Bislang hatte das Bistum Hildesheim Betroffenen in einem besonderen Verfahren sogenannte Anerkennungsleistungen in Höhe von bis zu 50.000 Euro gezahlt, die von einer „Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen“ (UKA) festgelegt wurden. Dabei gibt es eine Plausibilitätsprüfung, aber kein juristisches Beweisverfahren. Auch der 50-jährige Betroffene aus Hildesheim hat dem Bistum zufolge diese Summe erhalten.
Darüber hinaus hat der Mann das Bistum viermal aufgefordert, außergerichtliche Vergleichsverhandlungen über weitere Anerkennungsleistung aufzunehmen. Das hat das Bistum mit dem Argument abgelehnt, dass bei einem außergerichtlichen Vergleich eine unabhängige Instanz fehlen würde.
Dem Wunsch vieler Betroffener, dass Bistümer grundsätzlich darauf verzichten, in Fällen wie diesem von der Verjährung Gebrauch zu machen, steht dem Bistum Hildesheim zufolge der sorgsame Umgang mit Kirchensteuereinnahmen entgegen. „Alle Zahlungen an Betroffene werden mit Mitteln aus der Kirchensteuer getätigt, die Bistumsleitung hat die Verpflichtung, mit den Kirchensteuereinnahmen verantwortungsbewusst umzugehen“, heißt es auf der Bistums-Homepage.
Der Kläger hat jetzt vier Wochen Zeit, auf die Klageerwiderung des Bistums zu reagieren. Danach wird das Landgericht einem Sprecher zufolge voraussichtlich einen ersten mündlichen Verhandlungstermin ansetzen.