Mainz (epd). Der Abschlussbericht des Landtag-Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 ist seit Freitag öffentlich. Doch Koalition und Opposition in Rheinland-Pfalz ziehen daraus völlig unterschiedliche Schlüsse.
Der Bericht benennt „massive Versäumnisse des Landkreises bzw. des damaligen Landrats des Kreises Ahrweiler“. Das ist die Sichtweise der Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP, die vor allem das Versagen des ehemaligen Landrats von Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), hervorheben. Die Oppositionsfraktionen von CDU, AfD und Freien Wählern betonen hingegen die Verantwortung übergeordneter Behörden und der Landesregierung. Sie erneuerten ihre Forderung nach einer Entlassung oder einem Rücktritt unter anderem des Umwelt-Staatssekretärs Erwin Manz (Grüne).
In dem 2.141 Seiten umfassenden Abschlussbericht heißt es, bedingt durch Verfehlungen von Pföhler sei es „nicht zu einer notwendigen Vorsorge im Vorfeld der Flutkatastrophe sowie angemessenen Reaktionen während dieser gekommen“. Ein Sachverständiger habe Pföhler einen „Systemsprenger“ genannt.
„Die Flutkatastrophe vom 14. und 15. Juli 2021 ist die größte Naturkatastrophe, die unser Bundesland seit seiner Gründung am 30. August 1946 ereilt hat“, hält der Bericht fest. 136 Menschen hätten ihr Leben gelassen, viele weitere seien verletzt worden, unzählige hätten ihr Hab und Gut verloren. Die psychischen Belastungen hallten bis zum heutigen Tage und auch in der weiteren Zukunft nach. „Unser Bundesland wurde an diesen beiden Tagen und in jener Nacht bis ins Mark getroffen“, formuliert der Untersuchungsausschuss. Diese Naturkatastrophe werde „für immer im kollektiven Gedächtnis unseres Landes bleiben“.
Der Bericht betont allerdings auch, dass das Ereignis in seinem Ausmaß und seiner Einzigartigkeit „so gut wie unvorhersehbar“ gewesen sei. Es sei selbst bundesweit beispiellos gewesen, dass teils meterhohe Wellen durch ein Flusstal schossen. Die Katastrophe sei auch „aufgrund einer Vielzahl von Gründen wie beispielsweise Stromausfällen, Funkausfällen, Meldelücken und vielem mehr in seiner tatsächlichen Dimension außerhalb der direkt betroffenen Regionen lange Zeit nicht erfassbar“ gewesen. Der Untersuchungsausschuss hebt hervor, dass der Landtag als Konsequenz eine Enquete-Kommission eingesetzt habe, die „Zukunftsstrategien zur Katastrophenvorsorge“ entwickeln soll.
Die rheinland-pfälzische CDU verwies dagegen auf „die unzureichende Vorbereitung des Hochwassermanagements und des Katastrophenschutzes, die fehlende Kommunikationsbereitschaft und die eklatant unterbliebene Zusammenarbeit der rheinland-pfälzischen Behörden“. Diese Missstände habe der Untersuchungsausschuss „schonungslos offengelegt“, sagte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Marcus Klein (CDU).
Der Untersuchungsausschuss des Landtags war auf Antrag der CDU-Fraktion mit den Stimmen der drei Oppositionsfraktionen bei Stimmenthaltung der drei Regierungsfraktionen am 22. September 2021 beschlossen worden. Vom 1. Oktober 2021 bis zum Ende der Beweisaufnahme am 16. Februar 2024 vernahm der Ausschuss in 46 Sitzungen 226 Zeugen und Zeuginnen sowie 23 Sachverständige. Dem Gremium standen nach eigenen Angaben mehr als eine Million Dateien in mehr als 1.200 Ordnern zur Verfügung.