Verurteilter Missbrauchspfarrer als Namensgeber für Straße

Rathaus von Eslarn
Fridolin Freudenfett/CC/Wikimedia Commons
Eine Gedenktafel für Georg Zimmermann im Rathaus wurde bereits entfernt, doch mit der Straßenumbenennung tun sich die Bewohner von Eslarn bedeutend schwerer.
Widerstand gegen Umbenennung
Verurteilter Missbrauchspfarrer als Namensgeber für Straße
Im oberpfälzischen Eslarn ist eine Straße nach einem Missbrauchspfarrer benannt. Als der Marktgemeinderat diese umbenennen will, regt sich Widerstand bei den Bürgerinnen und Bürgern.

Eslarn ist ein beschaulicher Ort im Oberpfälzer Wald, direkt an der Grenze nach Böhmen. Ein Erholungsort mit bayerischer Tradition: Man feiert ein Heimatfest, sogar ein eigenes Bier wird dort gebraut. Dass ein Straßenzug nach einem Pfarrer benannt wird, gehört zum guten Ton. Dann stellt sich heraus, dass es sich bei dem Pfarrer, der dem Straßenzug seit mehr als 30 Jahren seinen Namen gibt, um einen verurteilten Missbrauchstäter handelt. Der Marktgemeinderat zieht Konsequenzen: Mit neun zu sechs Stimmen beschließt er im Mai, dass die Georg-Zimmermann-Straße umbenannt wird. Doch es gibt Widerstand.

Bürgerinnen und Bürgern haben ein Bürgerbegehren angestrengt. Bereits mehr als 680 Unterschriften sind laut Bürgermeister Rainer Gäbl (SPD) gegen die Umbenennung der Georg-Zimmermann-Straße eingegangen, weit mehr, als die Straße Anlieger hat. Das sei nahezu ein Drittel der Wahlberechtigten: "Ich finde das erschütternd, was da gerade bei uns passiert", sagt Gäbl. Die Unterzeichner argumentieren, ihnen seien Kosten und Aufwand für die Umbenennung zu hoch. In der Lokalpresse wird eine Familie zitiert, die sich beklagt, nicht nur sämtliche Pässe, Adresse und Hausschilder ändern, sondern auch ihre fünf Autos ummelden zu müssen.

Die Gemeinde hatte im Vorfeld allerdings zugesagt, sämtliche Kosten von kommunaler Seite zu übernehmen. Der Kostenaufwand sei damit überschaubar, sagt der Bürgermeister. Außerdem stehe es nicht im Verhältnis dazu, "dass bei uns eine Straße existiert, die nach einem Missbrauchstäter benannt ist". Straßenbenennungen seien ein "Akt der Ehrenbezeugung".

Zimmermann gründete Musikkapellen und Chöre und leitete ab 1973 die Grenzlandmusikschule Eslarn, da war er schon on de vorzeitigen Ruhestand versetzt worden und hatte eine Haftstrafe abgesessen. Jacke der Auftrittsuniform der Grenzlandmusikschule Eslarn, ausgestellt zum Heimatfest 2010.

Im Jahr 2023 hatte der Betroffenenbeirat des Bistums Regensburg die Recherche zum Fall des katholischen Priesters Georg Zimmermann aufgenommen - und die Kommunalpolitiker in Eslarn vom Handlungsbedarf überzeugt. Ein Betroffener, der heute noch in Eslarn lebt, hatte dem Gemeinderat detailliert seine Erlebnisse mit dem Missbrauchspfarrer geschildert.

Georg Zimmermann hatte in Regensburg Theologie studiert. Nach der Priesterweihe 1949 nahm er ein Studium der Musik auf und war ab 1959 Internatsdirektor bei den Regensburger Domspatzen. Diese Position musste er nach einem knappen Jahr aufgeben. Er ließ sich in Eslarn nieder und bildete Knaben im Chorgesang aus. Auch einen Posten als Diözesanmusikdirektor musste er aufgeben. 1969 wurde er wegen schweren Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen zu 20 Monaten Haft verurteilt. Nicht alle Fälle seien damals aufgearbeitet worden, weil man den Jugendlichen eine Aussage ersparen wollte, weiß Gäbl. Zimmermann lebte bis zu seinem Tod 1984 in Eslarn.

Die evangelische Pfarrerin Carmen Riebl, in deren Gemeindebereich Eslarn liegt, reagierte mit Entsetzen auf die Nachricht, dass die Straße möglicherweise nicht umbenannt wird. Aus Seelsorgegesprächen wisse sie, wie unerträglich so eine Situation für Betroffene sei, die immer noch in Eslarn leben. Nicht verstehen könne sie außerdem, "wie jemand in einer Straße wohnen möchte, die nach jemand benannt ist, der wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde". Die Theologin kritisiert, dass durch das Bürgerbegehren Minderheitenrechte "einfach platt gemacht werden".

Über die Zulassung des Bürgerbegehrens wird der Marktgemeinderat am 30. Juli entscheiden. Doch schon jetzt stehe fest, dass der Gemeinderat das Bürgerbegehren zulassen müsse, sagt Gäbl: "So bitter das auch ist." Eine andere Entscheidung lasse die Gemeindeordnung nicht zu. Der Termin für den Bürgerentscheid ist auf den 24. November festgelegt. Bis dahin werde es noch heftige Diskussionen geben.