Smart Stores: So kauft Deutschland sonntags ein

teo Minimärkte ohne Personal
Boris Roessler/dpa
"teo"-Minimärkte kommen komplett ohne Personal aus und sind auch sonntags geöffnet, wie hier im hessischen Hanau. Wie steht es mit den "24/7" -Ladenöffnungszeiten aus in anderen Bundesländern?
Geschäftsöffnung am Sonntag
Smart Stores: So kauft Deutschland sonntags ein
Das Bundesland Hessen ermöglicht vollautomatisierten Verkaufsstellen die Öffnung an Sonn- und Feiertagen. Alle Fraktionen haben für die Gesetzesänderung gestimmt. evangelisch.de hat recherchiert, wie es andere Bundesländern handhaben.

Baden-Württemberg

Auch wenn es keine offizielle Erlaubnis für den Sonntagsöffnung gibt, wirbt die Kette Tante M bereit mit mehreren Filialen. Das Bundesland plant laut einem Beitrag der Lebensmittelzeitung eine Genehmigung für vollautomatisierte Geschäfte. Es wird zeitgleich auch an einer Ausweitung der bisherigen Öffnungszeiten gearbeitet.

Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Heilbronn begleitet die Entwicklung von Smart Stores 24/7 im deutschen und europäischen Einzelhandel seit 2021. Im März 2021 wurden die beiden Smart Stores shop.box und collect.box auf dem Bildungscampus in Heilbronn eröffnet. Parallel zur Eröffnung veranstaltete die DHBW Heilbronn ein Online Special der Retail Innovation Days zum Thema Smart Stores. 

Bayern

Anders als in den Nachbarländern gilt im Freistaat noch die relativ restriktive alte Bundesregelung, obwohl die Länder bereits seit 2006 das Thema Ladenöffnungszeiten selbst in die Hand nehmen können. Als letztes Bundesland sollte nun auch Bayern ein eigenes Ladenschlussgesetz bekommen. Wie CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek am Mittwoch (12. Juni 2024) erklärte, werde ein entsprechender Entwurf des Ministeriums für Arbeit und Soziales vorbereitet. Damit soll auch die Frage, ob Kleinstsupermärkte ohne Personal auch sonntags öffnen könnten, geklärt werden.

Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärte Holetschek, er könne sich einen Kompromiss vorstellen, der einige Stunden Sonntagsöffnung vorsehe. Der Bayerische Handel will bei automatisierten Kleinsupermärkten, dass diese auch sonntags öffnen können, wenn sichergestellt ist, dass niemand am Sonntag arbeiten muss. In dem von der Süddeutschen Zeitung am 10. Juli veröffentlichten Artikel, sagt der Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern, Bernd Ohlmann, dass der der bayerische Handel kein Interesse an einer Verlängerung der Ladenöffnungszeiten an Werktagen habe. Erwünscht seien hingegen mehr verkaufsoffene Sonntage und Shoppingnächte.

Berlin & Brandenburg

In Berlin und Brandenburg dürfen Verkaufsstellen von Montag bis Samstag rund um die Uhr (6 Tage/24 Stunden) öffnen. An Sonn- und Feiertagen müssen Verkaufsstellen grundsätzlich geschlossen bleiben. Ausnahmen von diesem Grundsatz regelt das Berliner Ladenöffnungsgesetz und das Brandenburgische Ladenöffnungsgesetz. Dabei bestimmt das Land jedes Jahr Termine von verkaufsoffenen Sonntagen, die an bestimmte Anlässe (Events, Feste) gebunden sind. An diesen Tagen dürfen Einzelhändler von 13 bis 20 Uhr öffnen, müssen aber nicht. 

Der Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB) setzt sich für einen selbst bestimmten Sonntag ein. Wer mag, sollte sonntags shoppen gehen dürfen. Geschäfte sollten selbst frei entscheiden, ob eine Sonntagsöffnung zum eigenen Warenangebot und Standort passt. "Verkäuferinnen und Verkäufer sollten die Chance haben, selbst bestimmt und freiwillig über Sonntagsarbeit zu entscheiden. Und das ist ganz einfach: Der Handel bietet hier eine Selbstverpflichtung an. Niemand muss sonntags arbeiten – es werden nur die Mitarbeiter:innen eingeteilt, die freiwillig arbeiten möchten. Und das sind viele. Es gibt attraktive Sonntagszuschläge, einen zusätzlichen freien Tag und oft auch entspannte Kundengespräche. Zudem locken gute Umsätze und Provisionen", heißt es auf der Webseite des HBB weiter.

Bremen

Das Bundesland hält an starren Ladenöffnungszeiten fest. In der Innenstadt, den Stadtteilen, in den Einkaufszentren Waterfront oder Weserpark finden regelmäßig verkaufsoffene Sonntage (13 bis 18 Uhr) statt - immer in Kombination mit einem Bremer Anlass. Im Gesetzesblatt vom 27. Februar sind diese Tage klar festgelegt. 

Hamburg

Wie in Bremen plant auch Hamburg vorerst keine Sondergenehmigungen für Kleinverkaufsstellen und keine Sonntagsöffnungszeiten. Es gelten die Sonderöffnungszeiten an verkaufsoffenen Sonntagen. Ladenöffnungen an einem Sonntag finden nach Freigabe gemäß §8 Abs. 1 des Hamburgischen Ladenöffnungsgesetzes nur in Verbindung mit einer Veranstaltung und in unmittelbarer Nähe zu dieser statt. 

Hessen

Nachdem der Hessische Verwaltungsgerichtshof am 4. Januar 2024 urteilte, dass auch Smart Stores unter die Regeln des Ladenöffnungsgesetzes und des Sonntagsschutzes fallen, gab es am 10. Juli nun eine Kehrtwendung: Alle Fraktionen haben für die Gesetzesänderung gestimmt, berichtet die Lebensmittelzeitung. Somit dürfen die vollautomatisierten Smart Stores ohne Personal, ab sofort auch an Sonntag geöffnet werden. 

Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern ging als erstes Bundesland die Ladenöffnungszeiten an. Ab dem 1. Februar 2024 können Kunden erstmals Smart Stores auch am Sonntag einkaufen. Für alle anderen Geschäfte ist der gewerbliche Verkauf an Werktagen von Montag bis Freitag ohne zeitliche Beschränkung und samstags von 00:00 Uhr bis 22:00 Uhr zulässig. Sonntags dürfen neben den personallosen Smart Stores nur Geschäfte für höchstens fünf Stunden verkaufen, die Waren wie beispielweise Bäcker- und Konditorerzeugnisse, anbieten. Weitere Ausnahmen gelten für Tankstellen und Verkaufsstellen auf Bahnhöfen, Flug- und Fährhäfen sowie Apotheken.

Niedersachsen

Neben Mecklenburg-Vorpommern hat auch Niedersachsen Gesetzesanpassungen geprüft, aber bisher kam es noch zu keinem Ergebnis. Mit einem neuen Gesetz zu den Ladenöffnungszeiten hat der niedersächsische Landtag in Hannover bereits 2019 die Frage der verkaufsoffenen Sonntage neu geregelt. Demnach dürfen Kommunen in Niedersachsen künftig insgesamt bis zu sechs Verkaufssonntage in ihren Bezirken genehmigen, aber nicht mehr als vier pro Ortsbereich. Die Läden dürfen dann für bis zu fünf Stunden öffnen.

Doch das Niedersächsische Gesetz über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) verbietet klar jegliche Öffnung an Sonn- und Feiertagen. Somit "garantiert das NLöffVZG den verfassungsrechtlich gebotenen Sonn- und Feiertagsschutz und trägt in seinen Auswirkungen nicht unwesentlich zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei. "Die Sonn- und Feiertagsruhe ist elementarer Bestandteil der christlich-abendländischen Tradition, an der aus religiösen, kultur- und familienpolitischen Gründen sowie zur Gewährleistung des arbeitsfreien Sonn- und Feiertages für die Beschäftigten festgehalten werden soll", heißt es weiter. In ihrem Newsletter spricht sich der DGB Niedersachsen im Juli 2021 sogar gegen eine Sonntagsöffnung aus, da dem Einzelhandel nur mit strukturellen Plänen geholfen werde.

Nordrhein-Westfalen

Das Bundesland plant vorerst keine Sondergenehmigungen für Kleinverkaufsstellen und keine Sonntagsöffnungszeiten. Das nordrhein-westfälische Ladenöffnungsgesetz ist zuletzt 2018 im Rahmen des Entfesselungspakets I novelliert worden. Das LÖG NRW besagt, dass Verkaufsstellen in NRW an Werktagen (auch am Samstag) von 0 bis 24 Uhr geöffnet sein dürfen. An Sonn- und Feiertagen ist keine Ladenöffnung gestattet.

Rheinland-Pfalz

Laut dem Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz (LadöffnG) vom 21. November 2006 müssen Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geschlossen sein. Zwar gab es im Juli 2022 eine öffentliche Petition, die eine Änderung des Ladenöffnungsgesetzes in Rheinland-Pfalz im Hinblick auf Sonntagsöffnungen begehrte, doch die wurde abgelehnt.

Unter bestimmten Umständen kann eine Behörde Sondergenehmigungen des LadöffnG (nach Paragraph 12) ausstellen, wenn "diese im öffentlichen Interesse dringend notwendig sind." Beispielsweise dann, wenn sie die Nahversorgungslage im öffentlichen Raum gefährdet sieht. Ein Beispiel für eine Ausnahmeregelung des LadöffnG ist die 39 Quadratmeter große Einkaufsbox in Altenahr im Kreis Ahrweiler. Wie der SWR am 10. März 2023 berichtete, wurde die Inbetriebnahme dieses Mini-Supermarktes vonseiten der Verbandsgemeinde genehmigt, um die Grundversorgung der Bürger sicherzustellen. 

Saarland

Das Bundesland hält daran fest, dass an Sonntagen nur bestimmte Verkaufsstellen wie Apotheken, Tankstellen und Geschäfte in Personenbahnhöfen und dem Flughafen öffnen dürfen. Sondergenehmigungen  gibt es auch für Verkaufsstellen, deren Angebot in erheblichem Umfang aus einer oder mehreren der Warengruppen Blumen und Pflanzen, Zeitungen und Zeitschriften, Back- und Konditorwaren, Waren zum sofortigen Verzehr oder Waren zum sofortigen Gebrauch und Verbrauch besteht, die für die Dauer von fünf Stunden geöffnet werden dürfen.

So wie Verkaufsstellen von themenbezogenen Waren oder Waren zum sofortigen Verzehr auf dem Gelände oder im Gebäude einer Veranstaltung oder an einem festen Ausstellungsort während der Veranstaltungs- bzw. Öffnungsdauer, sofern die Waren einen engen Bezug zur Veranstaltung oder zum Veranstaltungsort aufweisen oder der Versorgung der Besucher dienen. Zudem gibt es mehrere verkaufsoffene Sonntage, die für alle Geschäfte gelten.

Sachsen

Nachdem die Supermarktkette Rewe eine Nahkauf-Box im März 2023 bei Dresden eröffnet hat, ist der Streit um die Sonntagsöffnung der Geschäfte wieder entflammt. Obwohl Sachsens Landräte bereits im November 2023 mehr Freiheit für die Wirtschaft wollten und vorschlugen, das Ladenöffnungsgesetz abzuschaffen, stemmten sich einige Händler dagegen. 

Sachsen-Anhalt

Das Thema Smart Stores wird in dem Bundesland seit einiger Zeit diskutiert. Seit Anfang des Jahres gibt es bereits zwei Filialen der Kette "Tante Enso". Den neuen Land-Supermärkten in Wörlitz (Landkreis Wittenberg) und Görzig (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) mit bislang unbeschränkten Öffnungszeiten droht allerdings die Sonntags-Schließung, denn das Landesverwaltungsamt drängt darauf, das Ladenschlussgesetz einzuhalten. 

Dem gegenüber steht der Vorschlag zur Gesetzesänderung durch die FDP Landtagsfraktion, die die Ladenöffnungszeiten für vollautomatisierte Geschäfte ändern zu will und beruft sich auf die bereits existierenden Sonderregelungen für Tankstellen: Da die Menschen sonntags an der Tankstelle bedient werden und Brötchen holen oder am Kiosk Süßigkeiten kaufen könnten, sei es schwer vermittelbar, dass ein Stück Butter im vollautomatisierten Minimarkt nicht möglich sei. Die Öffnung am Sonntag für den wirtschaftlichen Betrieb solcher Verkaufsstellen sei auch deshalb entscheidend, weil dies der umsatzstärkste Tag sei. Diese Geschäfte hätten zudem als Treffpunkte und Gemeinschaftszentren eine wichtige Funktion, heißt es weiter in der Begründung der FDP.

Schleswig-Holstein

Zwar gibt es auch in diesem Bundesland diverse voll- oder halbautomatisierte mit elektronischer Zutrittskontrolle und Self-Scanning-Technologie, dennoch bewegen sich die 24/7-Geschäfte noch in einer rechtlichen Grauzone. Das Verwaltungsgericht in Kassel hatte zunächst entschieden, dass die meisten Filialen der Kette "Teo" in Hessen nicht mehr öffnen dürfen.

Nach der Kehrtwende am 10. Juli in Hessen liegt die Genehmigung für vollautomatisierte Geschäfte auch wieder auf dem Tisch der Landesregierung von Schleswig-Holstein. Dort wird laut der Lebensmittelzeitung zeitgleich auch eine Ausweitung der bisherigen Öffnungszeiten geplant. Bis dato gilt das Ladenöffnungszeitengesetz, das keine Ausnahme für einzelne Unternehmen zulässt.

Thüringen

Thüringen plant laut einem Bericht der Lebensmittelzeitung vom 10. Mai 2024 eine Genehmigung für vollautomatisierte Geschäfte. Demnach werde dort zeitgleich auch eine Ausweitung der bisherigen Öffnungszeiten geplant.

Bisher ist aber noch nichts entschieden worden und es gilt das offizielle Ladenöffnungszeitengesetz, das eine 5x24-Regelung enthält. An Samstagen darf bis 20 Uhr geöffnet werden, die Regelungen für Sonn- und Feiertage entsprechen weitgehend dem bisherigen Bundesrecht.