Frankfurt a.M., San Salvador (epd). In El Salvador sind im Kampf gegen kriminelle Banden einer Studie zufolge mindestens 265 Menschen in staatlichem Gewahrsam gestorben. Vier von ihnen seien Kinder gewesen, erklärte die salvadorianische Menschenrechtsorganisation Cristosal bei der Veröffentlichung eines entsprechenden Berichts am Mittwoch (Ortszeit) mit. 176 Mädchen und Jungen seien durch den Tod ihrer Eltern zu Waisen geworden.
Die Regierung von Präsident Nayib Bukele hat im März 2022 wegen der ausufernden Gewalt krimineller Banden den Ausnahmezustand ausgerufen und geht brutal gegen tatsächliche oder vermeintliche Verdächtige vor. Zehntausende Menschen wurden in völlig überfüllten Haftanstalten mit unmenschlichen Bedingungen weggesperrt. Zahlreiche in der Verfassung verankerte Rechte seien außer Kraft gesetzt, wie die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein faires Verfahren oder die Unabhängigkeit der Justiz, kritisierten die Autorinnen und Autoren des Berichts. Die Menschenrechte würden systematisch verletzt, unter anderem durch willkürliche Festnahmen und Folter.
Die Studie zeige auch, dass die Aufhebung der Grundrechte vor allem arme Menschen und Frauen treffe. Laut der Untersuchung sind durch die massenhafte Inhaftierung mehr als 62.000 Kinder unter 15 Jahren sich selbst überlassen. In vielen Fällen übernähmen Frauen im Umfeld der Kinder die Sorge so gut sie könnten, seien dadurch aber überlastet und einem zusätzlichen Armutsrisiko ausgesetzt. Auch kümmern sich demnach meist Frauen darum, ihre inhaftierten Angehörigen zu suchen und für Gerechtigkeit zu kämpfen. 80 Prozent der Hinweise habe Cristosal von Frauen erhalten.
Als Grundlage für den Bericht dienten der Organisation nach eigenen Angaben mehr als 3.600 Fälle von Menschenrechtsverletzungen in Gewahrsam, die Cristosal-Mitarbeitende recherchiert hätten, sowie die Analyse von über 7.000 Fällen inhaftierter Frauen. Auch die im Bericht dokumentierten 265 Todesfälle seien minutiös untersucht worden. Die gesellschaftlichen Folgen von Bukeles Vorgehen seien bei weitem noch nicht abzusehen, warnten die Autorinnen und Autoren.