Berlin (epd). Die allermeisten gängigen Webshops in Deutschland sind für Menschen mit einer Behinderung nicht zugänglich. Nur gut ein Fünftel der Seiten sind barrierefrei, dies aber auch nicht vollständig, wie aus dem zweiten Testbericht zur Barrierefreiheit deutscher Online-Shops von Aktion Mensch, Google und der Stiftung Pfennigparade hervorgeht, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Danach erfüllten von den 71 getesteten Seiten nur 15 das wichtigste Kriterium der Tastaturbedienbarkeit. Diese ist entscheidend, weil viele Behinderungen die Bedienung einer Maus ausschließen. Auf der Liste der Test-Shops befinden sich alle großen Händler, von Adidas bis Zara.
Selbst etliche der 15 grundsätzlich zugänglichen Seiten wiesen bei genauerer Untersuchung Hürden auf: am häufigsten fehlende Kontraste, einen unlogischen Seitenaufbau und aufploppende Werbung, die sich nicht ohne Weiteres schließen lässt. Die Tester und Testerinnen waren geschulte Personen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen. Gegenüber dem Vorjahr habe sich die Zugänglichkeit nicht verbessert, eher leicht verschlechtert, bilanzierte die Sprecherin von Aktion Mensch, Christina Marx. Beim ersten Test war immerhin ein Viertel der Seiten zugänglich. Allerdings sorgten die Testberichte dafür, dass die Unternehmen und deren Entwickler auf das Problem aufmerksam würden, sagte Marx.
Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, appellierte an die Unternehmen, es sei nicht ratsam zu warten, bis sie gesetzlich zur Barrierefreiheit verpflichtet würden. Von Juni 2025 an müssen viele digitale Dienstleistungen barrierefrei gestaltet sein, auch Online-Shops. Dusel betonte, Inklusion sei die Umsetzung fundamentaler Grundrechte und geltendes Recht in Deutschland. Aus wirtschaftlicher Sicht sei zudem völlig unverständlich, warum Unternehmen Millionen Kunden vom Online-Shopping ausschlössen. Dies lasse sich nur durch hartnäckige Vorurteile gegen Menschen mit einer Behinderung erklären, sagte Dusel.
In Deutschland leben rund zwölf Millionen Menschen mit einer Beeinträchtigung, davon acht Millionen Schwerbehinderte. Nur drei Prozent der Beeinträchtigungen bestehen von Geburt an, alle anderen entstehen erst im Laufe des Lebens.