Berlin (epd). Acht Bundesländer setzen sich für einen erneuten Anlauf zur Einführung einer Widerspruchsregelung bei der Organspende ein. Ein am Freitag im Bundesrat in Berlin erstmals diskutierter Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen sieht vor, dass zukünftig alle Menschen in Deutschland grundsätzlich als Organspender gelten, wenn sie dem nicht widersprechen. 2020 hatte sich der Bundestag gegen solch eine Regelung entschieden. Möglich ist, dass er sich aber in dieser Wahlperiode noch einmal mit dem Thema befasst.
Genau das will jedenfalls die Bundesratsinitiative erreichen, wie der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Freitag in der Länderkammer sagte. Ziel der Widerspruchsregelung sei, dass anders als jetzt jede Person eine Entscheidung über die Organspende treffen muss. „Ich bin der Meinung, dass es einem erwachsenen Menschen zuzumuten ist, diese Entscheidung zu treffen“, sagte Laumann.
Unterstützt wird die Initiative von Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Schleswig-Holstein. Sie wird nun in den Ausschüssen des Bundesrats beraten, bevor sie abgestimmt und - bei Erfolg - dem Bundestag weitergereicht wird.
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte sich wiederholt für die Widerspruchsregelung ausgesprochen, um die Zahl der Organspenden zu erhöhen. Im Bundestag fand sich in der Vergangenheit aber keine Mehrheit dafür. Erst vor vier Jahren hatte das Parlament entschieden, dass es bei der Zustimmungsregelung bleibt, in Deutschland also nur Organspender oder -spenderin wird, wer selbst zu Lebzeiten oder wessen Angehörige nach dem Tod ausdrücklich zustimmen.
Eine parlamentarische und damit demokratische Entscheidung gegen die Widerspruchslösung sei damit bereits getroffen, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Andrew Ullmann, mit Blick auf die Forderung der acht Länder: „Diese gilt es zu respektieren.“
Ullmann, selbst habilitierter Mediziner, sieht nach eigenen Antworten eine andere Möglichkeit zur Erhöhung der Spenderzahlen. „Wenn wir vom Hirntod zum Herztod übergehen, könnten wir die Spendezahlen erhöhen“, sagte er. In Deutschland ist der Hirntod Bedingung für die Entnahme von Organen. Manche Länder haben als Kriterium den Herztod. Man werde im parlamentarischen Bereich auf eine Diskussion und gegebenenfalls auch eine Abstimmung dazu drängen, sagte er.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte indes in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (online, Freitag), organisatorische und strukturelle Maßnahmen zur Erhöhung der Organspenden anzugehen. Mit Verweis auf das in diesem März gestartete Organspenderegister sagte er, die Länder hätten unverzüglich dafür zu sorgen, „dass die gesetzlich geforderte Anbindung der Pass- und Ausweisstellen an das Organspende-Zentralregister steht“. Dafür seien in jeder Kommune noch in diesem Jahr datenschutzsichere Terminals aufzustellen. „Solange dies nicht geschieht, darf die geringe Zahl der registrierten Willenserklärungen niemanden verwundern“, sagte Brysch.
In Deutschland warteten nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation Ende vergangenen Jahres knapp 8.400 Patientinnen und Patienten auf ein Spenderorgan. Dem standen lediglich 2.900 Organspenden im Jahr 2023 gegenüber.