Frankfurt a.M., Nairobi (epd). Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße hat auf seiner Kenia-Reise auf die Not der Flüchtlinge in Ostafrika aufmerksam gemacht. Es sei völlig verfehlt, „wenn der Eindruck erweckt wird, Europa würde den Großteil aller Flüchtlinge aufnehmen - das Gegenteil ist der Fall“, sagte der Vorsitzende der Migrationskommission der katholischen Deutschen Bischofskonferenz dem Evangelischen Pressedienst (epd) kurz vor Abschluss seiner siebentägigen Kenia-Reise. Der Erzbischof war am 2. Juni in der kenianischen Hauptstadt Nairobi eingetroffen. Bis Samstag will er sich vor Ort über die Situation von Geflüchteten informieren.
In der gesamten Region Ostafrika gebe es mehr als fünf Millionen Flüchtlinge und über 18 Millionen Binnenvertriebene, sagte Heße. „Diese Zahlen lassen erahnen, wie groß die Herausforderungen sind.“ Außerdem seien zunehmend Naturkatastrophen zur Fluchtursache geworden. In Kenia selbst haben Heße zufolge insgesamt etwa 800.000 Menschen Zuflucht gefunden: „Obwohl das Land selbst mit großer Armut zu kämpfen hat, zeigt es sich seit vielen Jahren gastfreundlich. Die Flüchtlinge, die ich auf meiner Reise getroffen habe, betonten, wie froh sie sind, hier in Sicherheit leben zu können.“
Die meisten Flüchtlinge in Kenia stammten aus Somalia und dem Südsudan. Weitere Herkunftsländer seien die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Burundi, der Sudan, Uganda, Eritrea und auch Ruanda. „Die Schutzsuchenden, mit denen ich gesprochen habe, berichteten von gewaltsamen Konflikten und schweren Menschenrechtsverletzungen in ihren Heimatländern“ sagte der Erzbischof.
Die Bundesregierung hat mit Kenia ein Migrationsabkommen verhandelt, das nach letzter rechtlicher Prüfung im September unterzeichnet werden soll. Dazu sagte Heße: „Das geplante Migrationsabkommen war immer wieder Thema. Wenn es dabei fair zugeht und Kenia nicht um jene Fachkräfte gebracht wird, auf die das Land selbst angewiesen ist, kann ein solches Abkommen für beide Seiten ein Gewinn sein.“ Flüchtlingspolitisch werde ein Migrationsabkommen mit Kenia jedoch kaum eine Rolle spielen - „schon allein deshalb, weil Kenia glücklicherweise kein nennenswertes Herkunftsland von Asylbewerbern ist“.
Klimabedingte Migrationsbewegungen seien in Ostafrika zu einer „existenziell wichtigen Frage geworden“, bilanzierte Heße: „Bei meinem Besuch im Turkana County im Nordwesten Kenias haben die Menschen berichtet, dass sie die Folgen des Klimawandels ganz handfest spüren: Sowohl extreme Dürreperioden als auch extreme Überschwemmungen rauben ihnen die natürlichen Lebensgrundlagen.“ Deshalb seien zum Beispiel Maßnahmen zur Stärkung der Klimaresilienz im ländlichen Raum überlebensnotwendig. Solche Ansätze sollten auch in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gestärkt werden.