Tübingen (epd). Einer der großen evangelischen Theologen der Gegenwart ist tot: Jürgen Moltmann starb am Montag im Alter von 98 Jahren in Tübingen, wie seine Familie dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag bestätigte. Seine 1964 erschienene „Theologie der Hoffnung“ wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und hat Christen weltweit beeinflusst. Seine theologischen Studien hatte Moltmann in englischer Kriegsgefangenschaft begonnen.
Zentrales Thema von Moltmanns Denken war schon früh die globale ökologische Krise. Bis zuletzt meldete er sich zu aktuellen politischen Themen zu Wort. So regte er Ende 2021 ein jährliches Gedenken für Corona-Tote an. Sollten die Zehntausenden von Toten „nicht zu einem Volkstrauertag in jedem Jahr führen?“, erklärte er: „Wir gedenken doch auch der Kriegstoten.“ Weitere bekannte Werke Moltmanns sind „Der gekreuzigte Gott“ (1972) und „Kirche in der Kraft des Geistes“ (1975). Er war mit der feministischen Theologin Elisabeth Moltmann-Wendel verheiratet, die 2016 starb.
Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, würdigte Moltmann als „einmaliges Geschenk“ für die evangelische Kirche. Sein Tod berühre sie auch ganz persönlich. Der systematische Theologe habe philosophische Traditionen meisterhaft mit Gegenwartsthemen verbunden. Die Kirche verdanke Moltmann unendlich viel: „Ökumenische Herzensweite, eine gehörige Portion wissenschaftliche Radikalität, politische Courage und grenzenlose Hoffnung.“
„Ich selbst habe immer auch seine besondere Art bewundert, völlig unkompliziert in andere Kontexte zu gehen und in für ihn fremden Welten Theologie verständlich zu machen“, fügte die Hamburger Bischöfin hinzu: „Für mich ist er nicht nur darin ein Vorbild. Dass Gott uns mit offenen Armen aus der Zukunft entgegenkommt und im Leben, aber auch im Sterben gegenwärtig ist - dieser sein Hoffnungsglaube möge ihn bis zuletzt getragen haben.“
Moltmann wurde als Sohn einer kirchenfernen Lehrerfamilie am 8. April 1926 in Hamburg geboren und war zunächst Pfarrer in Bremen und danach Professor für Dogmengeschichte an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal, ehe er 1963 nach Bonn berufen wurde. Von 1967 bis zu seiner Emeritierung 1994 lehrte er in Tübingen. Moltmann steht in einer Reihe mit großen theologischen Denkern wie Wolfhart Pannenberg (1928-2014), Johann Baptist Metz (1928-2019), Hans Küng (1928-2021) und Eberhard Jüngel (1934-2021).
Sein Erstlingswerk „Theologie der Hoffnung“ von 1964 galt damals als Aufbruch in der Theologie. Zwischen 1980 und 1995 legt er die Kernthemen christlicher Theologie in fünf Bänden neu aus: die Lehre von Gott, der Schöpfung, von Jesus Christus, vom Heiligen Geist (Pneumatologie) sowie der Lehre von den letzten Dingen im Leben jedes Menschen, der ganzen Welt und des Kosmos (Eschatologie).