Bundesverfassungsgericht: Auslieferung bei Suizidalität genau prüfen

Bundesverfassungsgericht: Auslieferung bei Suizidalität genau prüfen

Karlsruhe (epd). Mit einer Verfassungsbeschwerde hat sich ein suizidgefährdeter türkischer Staatsangehöriger gegen seine Auslieferung in die Türkei gewehrt. Der Mann sei durch die Auslieferungsbeschlüsse in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt worden, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss (2 BvR 1694/23). Das vorinstanzliche Oberlandesgericht Braunschweig habe den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers nicht ausreichend aufgeklärt und muss dies jetzt erneut prüfen.

Der Kläger war den Angaben zufolge in der Türkei wegen Diebstahls in mehreren Fällen zu einer mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden und deshalb in Deutschland in Auslieferungshaft gekommen. Ende Januar 2023 versuchte der Beschwerdeführer, sich das Leben zu nehmen, und fügte sich dabei schwere Verletzungen zu, die seitdem ständiger ärztlicher Behandlung bedürften.

Mit Beschlüssen vom 13. März 2023 und 1. November 2023 erklärte das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) die Auslieferung des Beschwerdeführers zur Strafvollstreckung an die Republik Türkei für zulässig. Insbesondere seine Suizidalität stehe dem nicht entgegen, so das OLG.

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verletzt dies jedoch den Kläger in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz. Unter Berücksichtigung der eindringlichen Warnung von vier Ärzten hätte das Risiko für einen weiteren Suizidversuch geprüft werden müssen.