Brüssel (epd). Für große europäische Unternehmen gelten in Zukunft strengere Vorschriften bei Geschäften im Ausland. Die EU-Staaten nahmen das EU-Lieferkettengesetz am Freitag final an, wie der Rat in Brüssel mitteilte. Die Richtlinie soll dafür sorgen, dass europäische Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten sicherstellen.
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sprach von einer guten Nachricht, „für alle Menschen weltweit, die unter miserablen Arbeitsbedingungen leiden“. Die EU mache als erster großer Wirtschaftsraum verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln zum Standard.
Die EU-Richtlinie war bis zuletzt umstritten und wurde während der Verhandlungen abgeschwächt. Das nun auf den Weg gebrachte Gesetz soll für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden und einer Umsatzschwelle von 450 Millionen Euro gelten. In einem früheren Entwurf sollte das Regelwerk bereits für Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von über 150 Millionen Euro greifen. Auch die Möglichkeit einer zivilrechtlichen Haftung wurde abgeschwächt.
In Deutschland gilt bereits seit 2023 ein Lieferkettengesetz, das für Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten und unabhängig vom Umsatz gilt. Mit dem EU-Lieferkettengesetz gelten für alle europäischen Unternehmen die gleichen Regeln.
Menschenrechtler und Hilfswerke begrüßten die finale Zustimmung der EU-Minister. „Das ist ein Erfolg der Zivilgesellschaft und eine gute Nachricht für alle, die unter ausbeuterischen Bedingungen in Lieferketten arbeiten“, sagte Johannes Heeg, Sprecher der „Initiative Lieferkettengesetz“, in der sich Dutzende Organisationen und Verbände zusammengeschlossen haben.
„Brot für die Welt“ mahnte eine rasche und konsequente Umsetzung in deutsches Recht an. „Gemeinsam mit unseren weltweiten Partnern werden wir den zivilgesellschaftlichen Druck aufrechterhalten und Betroffene von Menschenrechtsverletzungen unterstützen“, sagte die Präsidentin des Evangelischen Hilfswerks, Dagmar Pruin.
Das EU-Parlament hatte bereits im April den Weg für das Vorhaben freigemacht. Die Zustimmung im Rat galt als Formsache. Zuvor stand die EU-Richtlinie jedoch bis zuletzt kurz vor dem Scheitern. Wegen des Widerstands der FDP enthielt sich die Bundesregierung im Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten im März. Eine Mehrheit für die Richtlinie kam in dem Gremium aber trotz der deutschen Enthaltung zustande.
Die EU-Mitgliedstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, das Regelwerk in nationales Recht umzusetzen. Zur genauen Umsetzung der Regelung wollte sich die Bundesregierung am Freitag nicht äußern. Diese werde zeitnah regierungsintern besprochen, sagte ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums in Berlin.
In der Wirtschaft erzeugt das Vorhaben ein geteiltes Echo. Verbände wie der Bundesverband der Deutschen Industrie befürchten mehr bürokratischen Aufwand. Einzelne Unternehmen hatten die Richtlinie jedoch befürwortet, unter anderem weil dadurch die gleichen Regeln für alle europäischen Konzerne gelten.