Hamburg, Frankfurt a.M. (epd). Mehrere leitende Geistliche haben in ihren Pfingstpredigten zur Teilnahme an der Europawahl Anfang Juni aufgerufen. Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, sagte, es gehe darum, „Europa die Stimme zu geben“ und es so zu stärken. Die Hamburger Bischöfin erklärte bei einem Gottesdienst am Pfingstsonntag in der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi laut Manuskript, in den kommenden Jahren seien viele Krisen zu bewältigen, dafür brauche es ein handlungsfähiges Europa.
Fehrs warnte, Spaltungen drohten Gesellschaft und Demokratie zu zerreißen. Aktuell stehe es um die Friedfertigkeit in der Diskurskultur nicht gut. „Die Sprache gerät an ihre Grenze, und Kompromisse rücken in weite Ferne.“ Auch seien Angriffe auf demokratische Politiker zu erleben, und Hass auf Andersdenkende breche sich Bahn. „Wenn es dazu eine Gegenbewegung gibt, dann in der Kirche, die heute Geburtstag feiert“, erklärte Fehrs. Es brauche die Kraft des Heiligen Geistes, Gemeinsinn und Zusammenhalt. Gottes Geist rüttle dazu auf, sich mit Geistesgegenwart dumpfen Parolen entgegenzustellen.
Auch der bayerische Landesbischof Christian Kopp rief zur Beteiligung an der Wahl zum Europäischen Parlament auf, die in Deutschland am 9. Juni ansteht. Die EU ist nach seinen Worten dringend nötig. Die Demokratie in Europa müsse verteidigt werden, sagte Kopp in seiner Predigt am Pfingstsonntag in der Münchner St. Matthäuskirche: „Niemals dürfen wir das aufgeben, es ist die beste Regierungsform, die es je gab in der Geschichte“, sagte Kopp laut Mitteilung seiner Landeskirche.
Die Vielfalt von Menschen und Sprachen in Europa mache das Leben interessant und herausfordernd. Vielfalt sei aber auch in der Kirche gefordert, denn die Menschen in der Kirche seien unterschiedlich, betonte Kopp.
Der rheinische Präses Thorsten Latzel bekannte, Pfingsten helfe ihm, „an Wunder zu glauben. Das Wunder, dass unsere Welt anders werden kann“, sagte der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland laut Predigttext am Pfingstsonntag in der evangelischen Stadtkirche in Waldbröl. „Pfingsten - das ist Inspiration, Geisteskraft, Empowerment, Leidenschaft, Aufbruch, Energie, Trotzkraft, Hoffnung, Zuversicht“.
Auch der katholische Erzbischof von Freiburg, Stephan Burger, sprach von Pfingsten als einem „Fest, das doch die Welt zum Besseren verändern könnte, würden sich nur möglichst viele diese eine Botschaft zu eigen machen“. Er rief laut Mitteilung am Pfingstsonntag im Freiburger Münster zur Friedensarbeit und zum Einsatz für den Schutz von Menschenleben auf.
Burger berichtete von einer Reise in die Demokratische Republik Kongo. In einem Gefängnis, das für 350 Personen ausgelegt seien, seien zwischen 3.000 und 4.000 Mann inhaftiert. Ihm fehlten die Worte, diese katastrophalen, menschenunwürdigen Verhältnisse zu beschreiben. „Wie lange noch müssen wir diesem schier unfassbaren Elend auf unserem Planeten zusehen?“
Der evangelische braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns räumte ebenfalls ein, vieles sei gegenwärtig schwierig: der Krieg in der Ukraine, die Klimakrise oder die Energiewende sowie die damit verbundenen Unsicherheiten. „Und es gibt politische Strömungen, die das ausnutzen, mit hasserfüllten, rückwärtsgewandten Parolen, mit der Suche nach Sündenböcken, mit der Abwertung und Ausgrenzung von Minderheiten.“
Doch es gebe in der Geschichte immer wieder Beispiele, wie Menschen in der Hoffnung auf Gottes Geist die Welt zum Besseren verändert hätten. Deswegen sollten die Menschen nicht die Hoffnung aufgeben, appellierte Meyns an die Gläubigen.