Faeser sieht Mitverantwortung für Hassklima bei AfD

Faeser sieht Mitverantwortung für Hassklima bei AfD
Innenministerin Faeser nimmt sich die AfD vor: Die Partei sei mitverantwortlich für ein zunehmendes Klima von Hass und Gewalt. Vom Koalitionspartner FDP fordert die SPD-Politikerin ein konsequenteres Vorgehen gegen bewaffnete Extremisten.

Berlin, Frankfurt a.M. (epd). Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht eine Mitverantwortung für zunehmende Gewalt gegen Politiker und Ehrenamtliche bei der AfD. In einem Namensbeitrag für die „Welt am Sonntag“ schreibt sie: „Die AfD ist mitverantwortlich für ein zunehmendes Klima von Hass und Gewalt.“

Es gelte, „die Mitverantwortung derer sehr deutlich zu benennen, die immer hemmungsloser und skrupelloser Demokraten anfeinden und diffamieren“. Denn es gehe nicht darum, bestimmte Personengruppen besser zu schützen als andere: „Eine Körperverletzung ist eine Körperverletzung, das gilt für alle gleich. Entscheidend ist vielmehr: Wir müssen unsere Demokratie schützen.“

Faeser erinnerte an den Satz des AfD-Politikers Alexander Gauland in Richtung der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): „Wir werden sie jagen.“ Die Innenministerin unterstrich: „Solche Sätze sind eine Einladung an Gewalttäter, den Worten Taten folgen zu lassen.“

Anfang Mai war der sächsische SPD-Europapolitiker Matthias Ecke in Dresden zusammengeschlagen worden und kam mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus. Die aus Hessen stammende Bundesinnenministerin erinnerte an den diesen Vorfall, aber auch an die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) vor knapp fünf Jahren: „Es war eine Hinrichtung aus Hass“, schrieb die SPD-Politikerin in der „Welt am Sonntag“ und bezeichnete den Lübcke-Mord als „tiefen Einschnitt“.

Lübcke war im Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses im nordhessischen Wolfhagen-Istha von einem Rechtsextremisten erschossen worden. Der Verfassungsschutz hatte die Akte des inzwischen verurteilten Mörders im Jahr 2015 gesperrt. Er war der Behörde seit fünf Jahren nicht mehr aufgefallen, obwohl er noch 2011 an einer rechtsextremistischen Veranstaltung teilnahm und dort auch fotografiert, aber nicht erkannt wurde.

Faeser ging auch auf ein in dieser Woche ergangenes Urteil zur Einstufung der AfD als extremistischen Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz ein. Das zuständige Oberverwaltungsgericht Münster habe „in aller Deutlichkeit festgestellt“, dass die AfD „die Menschenwürde vieler in unserem Land immer wieder angreift“. Das Grundgesetz, das in wenigen Tagen 75 Jahre alt werde, stelle jedoch in Abgrenzung zur NS-Diktatur die Menschenwürde „jedes Einzelnen in den Mittelpunkt“, unterstrich die Ministerin.

Sie mahnte etwa an, Bedrohungen bis an die private Haustür von Kommunalpolitikern zu verhindern. Auch Ehrenamtliche, Polizei- und Rettungskräfte seien Ziel von Angriffen. Die Täter feierten sich für ihren Kampf gegen ein „System“, das sie verachteten. „Doch sie sind und bleiben stumpfe Gewalttäter, verachtenswerte Kriminelle.“

Eine Forderung richtete die SPD-Politikerin auch an den Koalitionspartner FDP: Extremisten müssten konsequent entwaffnet werden. „Vieles ist uns mit der FDP gelungen, dies leider noch nicht“, schrieb Faeser.

Faesers Parteifreundin und frühere Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey, die kürzlich ebenfalls angegriffen wurde, beklagte im Checkpoint-Podcast vom Tagesspiegel (Samstag) „eine Art Freiwild-Kultur“ gegen Politikerinnen und Politiker. Die heutige Berliner Wirtschaftssenatorin, die bei der Attacke in einer Stadtteilbibliothek leicht verletzt wurde, sprach von einer „Gefahr für das demokratische Zusammenleben“.