Grüne fordern Reform der Erfassung politisch motivierter Straftaten

Grüne fordern Reform der Erfassung politisch motivierter Straftaten

Berlin (epd). Vertreterinnen und Vertreter der Grünen aus Bund und Ländern fordern eine Reform der Erfassung politisch motivierter Straftaten. Es gebe seit Jahren erhebliche Probleme bei der Erfassung und statistischen Aufbereitung dieser Form der Kriminalität, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Irene Mihalic, am Donnerstag in Berlin. Gemeinsam mit Landtagsabgeordneten präsentierte sie eine Studie, die Vorschläge für Änderungen enthält.

Die von den Landeskriminalämtern und dem Bundeskriminalamt (BKA) erstellte Statistik politisch motivierter Kriminalität (PMK) unterscheidet in Straftaten, die aus rechtsextremer oder linksextremer Motivation sowie aus Gründen religiöser oder ausländischer Ideologie begangen werden. Seit Jahren gibt es zu mehreren Punkten Kritik an der Erfassung. Die Statistik für das vergangene Jahr werden in der kommenden Woche Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und BKA-Präsident Holger Münch vorstellen.

Inzwischen halten viele die PMK für zu ungenau, weil spätestens seit den von Extremisten unterwanderten Protesten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen viele Taten von der Polizei nicht den klassischen Extremismusbereichen zugeordnet werden können und die Kategorie „nicht zuzuordnen“ inzwischen die meisten Fälle umfasst. Wenn die Statistik schon am Anfang nicht funktioniere, könnten auch nicht die richtigen Schlüsse daraus abgeleitet werden, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Thüringer Landtag, Madeleine Henfling.

Im Auftrag der Grünen hat die Politikwissenschaftlerin und Rechtsextremismusexpertin Britta Schellenberg die Systematik der PMK untersucht und kommt zu dem Schluss, dass die Statistik auch deswegen mangelhaft ist, weil Kategorien fehlten oder unscharf definiert seien und die Opferperspektive fehle. Sie plädiert dafür, die durch politisch motivierte Kriminalität verursachte Demokratiegefährdung deutlicher zu machen. Schellenberg plädiert für eine Umbenennung der Statistik in „Demokratiegefährdende Kriminalität und Vorurteilskriminalität“.

Zudem regt sie an, dass Opfer extremistischer Taten zwingend von der Polizei nach der vermuteten Motivation der Tat gefragt werden. In Großbritannien sei dies etwa der Fall. Im Bereich Rechtsextremismus werde man viel mehr Taten sehen, wenn die Motivation erhoben werde, sagte die Wissenschaftlerin von der Ludwigs-Maximilians-Universität München. Über eine Reform der Erfassung politisch motivierter Kriminalität müssten sich die Innenminister und -ministerinnen aus Bund und Ländern verständigen.