Gewalt gegen Politiker: Konfliktforscher mahnt mehr Zivilcourage an

Gewalt gegen Politiker: Konfliktforscher mahnt mehr Zivilcourage an
11.05.2024
epd
epd-Gespräch: Holger Spierig

Bielefeld (epd). Der Konfliktforscher Andreas Zick plädiert angesichts der Gewalt gegen Politiker für mehr Engagement der Gesellschaft. „Wir brauchen mehr Zivilcourage“, sagte der Wissenschaftler dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Wenn Menschen, auch Politikerinnen und Politiker, verächtlich gemacht werden, ergreift niemand das Wort.“ Herabwürdigende Darstellungen würden verharmlost oder sogar als lustig empfunden. Die Würde der Opfer werde oft schon vorher öffentlich beschädigt.

Verschwörungsideologien und zunehmende Hetze in den sozialen Netzwerken fördern nach Einschätzung des Konfliktforschers Gewaltattacken gegen Politiker. „Die Täter sind überzeugt davon, im Recht und im Kampf gegen die Feinde zu sein, die sie selbst geschaffen haben“, sagte Zick. Zudem sei das Vertrauen in die demokratischen Institutionen massiv eingebrochen.

Zerrbilder eines vermeintlichen Betruges und einer Unterdrückung des Volkes sowie rechtspopulistische Verschwörungserzählungen haben sich nach Beobachtung Zicks über Jahre hinweg aufgebaut: „All das endet jetzt in Gewalt“. Die Billigung von politischer Gewalt sei schon länger sichtbar gewesen. Hinzu komme „eine neue Gewaltkultur“: Gewalt werde als Erlebnis erfahren. Das zeige sich auch an dem Posten von Gewalt in sozialen Netzwerken.

Als Reaktionen sind nach den Worten Zicks neben der Strafverfolgung auch Aufarbeitung, ein Täter-Opfer-Ausgleich und ein öffentlicher Lernprozess nötig. Vorurteile und Herabwürdigungen sollten schon in ihrer Entstehung gebremst werden, mahnt der Wissenschaftler. Hier sollte stärker mit Influencern zusammengearbeitet werden, die Menschen in sozialen Netzwerken erreichen. „Herabwürdigung von anderen ist nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt“, unterstrich Zick.