Trier (epd). In ihrem vorläufigen Abschlussbericht zu mutmaßlichen Missbrauchsfällen durch den gestorbenen katholischen Priester Edmund Dillinger gehen die früheren Staatsanwälte Jürgen Brauer und Ingo Hromada von 19 Betroffenen zwischen 1961 und 2018 aus. Dillinger habe diese in verschiedenen Schweregraden sexuell missbraucht, erklärten die Studienautoren am Dienstag in Trier. Von elf Betroffenen seien auch die Namen bekannt.
Dillinger war am 27. November 2022 im Alter von 87 Jahren gestorben. Nach seinem Tod hatte sein Neffe Fotos und Filme gefunden und sich an den Trierer Bischof Stephan Ackermann und die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Verantwortungsbereich des Bistums Trier gewandt. Dabei hatte es zunächst Uneinigkeit über den korrekten Umgang mit dem Material und der Zuständigkeit gegeben. Für die Aufarbeitung hatte die Kommission Brauer und Hromada beauftragt.
Auch die Staatsanwaltschaften Saarbrücken und Mainz hatten sich mit dem Fall beschäftigt. „Die Autoren haben mit großer Verärgerung zur Kenntnis nehmen müssen, dass die saarländischen Ermittlungsbehörden mit für die Aufarbeitung und für potenzielle Opfer wesentlichen Beweismitteln verantwortungslos umgegangen sind und sie nahezu vollständig vernichtet haben, bevor eine Einsichtnahme erfolgen konnte“, kritisierten Brauer und Hromada. Enttäuschend sei auch, dass verschiedene Stellen, wie das Auswärtige Amt, „Bitten um Auskunft oder Unterstützung völlig ignoriert haben“.
Dillinger war unter anderem als Lehrer tätig, als Seelsorger für den Cartellverband katholischer deutscher Studentenverbindungen und als Vorsitzender des von ihm gegründeten Hilfsvereins CV-Afrika-Hilfe. Der katholische Priester hatte auch viele Reisen nach Afrika unternommen. Während die Forschung für Deutschland abgeschlossen sei, hätten Brauer und Hromada ihre Tätigkeit noch um ein weiteres Jahr verlängert, um mögliche Erkenntnisse aus afrikanischen Ländern zu gewinnen, hieß es.
Nach Auswertung der zur Verfügung stehenden Quellen und der Befragung von mehr als 50 Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sei deutlich geworden, dass „sehr viele, nach ihrer Anzahl aber nicht annähernd zu beziffernde Personen von sexuell motiviertem Verhalten Dillingers betroffen wurden“, erklärten die Juristen. Diese Menschen seien in sexualisierten Posen fotografiert worden, Berührungen in allen Körperregionen ausgesetzt gewesen oder hätten Annäherungsversuche abwehren müssen.
Verantwortliche im Bistum Trier, insbesondere in den Jahren 1964 und 1970, hätten unangemessen auf bekannt gewordene Missbrauchsfälle reagiert und diese vertuscht, kritisierten die Autoren Brauer und Hromada. Die frühere Schulleitung des Max-Planck-Gymnasiums in Saarlouis habe Dillinger nicht ausreichend überwacht und Pfarreien, Verbände, Vereine und Verbindungen, in denen Dillinger gewesen sei, hätten Vorfälle totgeschwiegen und seien Hinweisen oder „offenen Geheimnissen“ nicht nachgegangen.