Lauterbach stellt Konzept zur Verhinderung von Suiziden vor

Lauterbach stellt Konzept zur Verhinderung von Suiziden vor
Bundesgesundheitsminister Lauterbach will die Suizidrate senken. Dafür soll es eine bundesweite Notrufnummer und weitere Präventionsangebote geben. Besonders ältere Männer seien gefährdet, sagte Lauterbach.

Berlin (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Suizidrate senken. Das Thema müsse „aus der Tabuzone“ herausgeholt werden, sagte er am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung der Suizidpräventionsstrategie der Bundesregierung. Zwar hätten sich die Zahlen seit den 80er Jahren fast halbiert, trotzdem seien die Selbsttötungen mit rund 10.000 pro Jahr immer noch hoch.

Um Betroffene zu erreichen und das Thema Suizid zu enttabuisieren, kündigt Lauterbach unter anderem eine Aufklärungskampagne und eine zentrale Krisendienst-Notrufnummer an, die gemeinsam mit den Ländern eingerichtet werden soll. Darüber hinaus sieht die Strategie vor, dass Fachkräfte im Gesundheitswesen für das Thema mit speziellen Schulungen sensibilisiert werden. Alle Beratungs- und Kooperationsangebote sollen von einer bundesweiten Stelle koordiniert werden.

Die Präventionsangebote sollen sich vor allem auf die betroffenen Hochrisikogruppen ausrichten, sagte Lauterbach. Dazu gehören etwa ältere Männer, die schon vorher psychische Probleme hatten. Diese Gruppe erreiche man beispielsweise in Krankenhäusern oder Seniorenheimen. Auch Menschen, die bereits einmal einen Suizidversuch unternommen haben, seien gefährdet. Für diese Menschen brauche es „eine systematische Betreuung“, kündigte Lauterbach an.

Neben Präventions- und Informationsangeboten kündigte der Gesundheitsminister auch praktische Maßnahmen, wie eine mögliche Reduktion der Packungsgrößen von Schmerzmitteln oder Schutzvorrichtungen wie hohe Zäune an leicht zugänglichen Brücken, Hochhäusern oder Bahnübergängen an. Hierzu sollen mithilfe eines pseudonymisierten Suizidregisters Orte festgestellt werden, an denen Menschen besonders häufig Suizid begehen oder es versuchen.

Die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention, Ute Lewitzka, zeigte sich alarmiert über die hohen Suizidzahlen. 2022 seien diese um fast zehn Prozent angestiegen. „Die Zahlen zeigen uns, dass die bestehen Angebote und Hilfen nicht ausreichen“, sagte Lewitzka. Es gebe zwar schon viele regionale Angebote, diese seien aber oft zeitlich befristet finanziert. Sie forderte deshalb eine klare Verantwortungsübernahme für eine auskömmliche Finanzierung der Präventionsangebote und eine zeitnahe gesetzliche Verankerung der Präventionsstrategie.

Auch die Diakonie forderte die Regierung auf, die Suizidprävention verbindlich zu regeln. „Eine Strategie allein hilft Menschen mit Suizidgedanken nicht“, sagte Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch. Auch der katholischen Kirche reicht die vorgestellte Präventionsstrategie nicht aus. Der Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Prälat Karl Jüsten, und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) drängten ebenfalls auf eine gesetzliche Verankerung der Strategie.

Lauterbach kündigte an, das Suizidpräventionsgesetz in den kommenden Monaten vorlegen zu wollen. Der Bundestag hatte im vergangenen Juli mit großer Mehrheit beschlossen, dass die Bundesregierung bis Ende Januar ein Konzept zur Vorbeugung und bis Ende Juni auch ein Suizidpräventionsgesetz vorlegen soll.

Laut Zahlen des Statistischen Bundesamts nehmen sich in Deutschland jährlich fast 10.000 Menschen das Leben. Somit ist die Anzahl der Suizide mehr als dreimal so hoch wie die der Verkehrstoten. Im Jahr 2022 stieg die Anzahl der Suizide von 9.215 im Vorjahr auf 10.119.