Gauck warnt vor Nationalismus

Gauck warnt vor Nationalismus

Berlin (epd). Altbundespräsident Joachim Gauck sieht sich selbst als Patrioten, lehnt Nationalismus aber ab. Menschen wollten „verortet sein, nicht im Irgendwo leben, sondern sich unter ihrem Himmel wohlfühlen, in ihrer Sprachfamilie, in ihrer kulturellen Tradition“, sagte der 84-Jährige dem Berliner „Tagesspiegel“ (Dienstag): „Menschen- und fremdenfeindlich hingegen ist es, sein Heimatgefühl mit einem übersteigerten Nationalismus zu verbinden, sich selbst auf- und andere abzuwerten.“

Gauck betonte, es sei „ein Unterschied, ob man Nationalist oder Patriot ist“. Altbundespräsident Johannes Rau (1931-2006) habe einmal gesagt: „Patriot ist jemand, der sein Vaterland liebt, und Nationalist ist jemand, der die Vaterländer anderer verachtet“, sagte Gauck.

Mit Blick auf das vor 75 Jahren in Kraft getretene Grundgesetz sagte Gauck, er glaube, dass die Verfassung ähnlich wie ihn viele Menschen in Ostdeutschland emotional berühre: „Wir sprechen viel zu häufig über die Minderheit, der es anders geht.“ Etwa ein Drittel der Ostdeutschen fremdele mit der Demokratie: „Damals in der DDR wurde uns in der Schule, in den Betrieben Unterordnung beigebracht.“ Deswegen erwarteten so geprägte Menschen oftmals noch zu viel von „oben“ und hielten sich von Möglichkeiten der Mitgestaltung fern.

Gauck betonte, wenn man von Kindesbeinen an für eine Gesellschaft der Freiheit und der Eigenverantwortung erzogen wurde, sei dies etwas anderes, als wenn man gelernt habe: „Pass dich bloß an, damit es dir gut geht und du durchkommst.“ Er bezeichne dies Verhalten als Angst-Anpassungssyndrom.