Ausgburg (epd). Der bayerische Landesbischof Christian Kopp äußert sich offen für Änderungen beim Abtreibungsrecht. Er habe seine Zweifel, ob eine Balance zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Schutz des ungeborenen Lebens mit dem Strafrecht zu erreichen sei, sagte der evangelische Theologe der „Augsburger Allgemeinen“ (Freitag). Aus der Beratungspraxis im Schwangerschaftskonflikt sei bekannt, dass viele Frauen die aktuelle Regelung als demütigend empfänden.
Derzeit sind Abtreibungen in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig, innerhalb einer bestimmten Frist und nach einer Beratung aber straffrei. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission hatte Mitte April eine Reform des Abtreibungsrechts empfohlen. Das Gremium rät, Abtreibungen im frühen Stadium der Schwangerschaft zu erlauben und nicht mehr im Strafrecht zu regulieren. Die Bundesregierung ließ offen, ob sie noch in der laufenden Legislaturperiode eine Gesetzesänderung in Angriff nimmt. Sie strebt einen breiten gesellschaftlichen und parlamentarischen Konsens an.
Der bayerische Landesbischof Kopp sagte: „Der Kompromiss beim Schwangerschaftsabbruch wurde einst mühsam errungen, das hat damals schon sehr viel Energie gekostet. Und bei einer Neuregelung wird das wieder nötig sein.“
Zu einer Stellungnahme des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vom vergangenen Oktober sagte Kopp: „Ich fand gut an der Diskussion um dieses Ratspapier, dass der Schutz des Lebens immer an erster Stelle kam.“ Aus dem Papier selbst sei das aus seiner Sicht nicht so deutlich hervorgegangen. „Ich halte es auch für schwierig, wenn wir uns als evangelische Kirche dazu äußern, wie viele Wochen lang ein Schwangerschaftsabbruch nun durchgeführt werden können soll oder darf“, sagte er. Aufgabe der Kirche sei es doch, „darauf hinzuweisen, dass die beiden Rechtsgüter - das Selbstbestimmungsrecht der Frau und der Schutz des ungeborenen Lebens - in eine Balance kommen müssen“. „Und dass wir Frauen und Paaren beratend zur Seite stehen“, fügte Kopp hinzu.
Der EKD-Rat hatte sich dafür ausgesprochen, frühe Schwangerschaftsabbrüche unter bestimmten Bedingungen außerhalb des Strafrechts zu regeln. Das Leitungsgremium hält eine abgestufte Fristenkonzeption für denkbar und nennt dafür Eckdaten: Laut dem Papier sollen zwar mindestens Abbrüche ab der 22. Schwangerschaftswoche verboten und nur in definierten Ausnahmen zulässig sein. In den ersten zwölf Schwangerschaftswochen aber könnten Abbrüche demnach erlaubt sein.